Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 08.12.2016 (Az. IX ZR 257/15) entschieden, dass eine Gruppen-Unterstützungskasse nach Beendigung der Mitgliedschaft des Trägerunternehmens dann kein noch vorhandenes, für das Trägerunternehmen gebildetes Kassenvermögen zurückzahlen muss, wenn gemäß ihrer Satzung eine Rückforderung ausgeschlossen ist.
Dem Urteil des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Pensionszusage über Unterstützungskasse
Die R-GmbH hatte ihrem damaligen Geschäftsführer und alleinigen Gesellschafter („beherrschender GGF“) im Jahr 1998 eine Pensionszusage über eine Gruppen-Unterstützungskasse erteilt. Im Leistungsplan war eine lebenslange Altersrente in Höhe von monatlich 3.455,- Euro und eine Witwenrente in Höhe von monatlich 1.847,01 Euro bestimmt. Zur Finanzierung der Leistungen schloss die Unterstützungskasse eine Rückdeckungsversicherung bei einem Lebensversicherungsunternehmen ab.
Satzung der Unterstützungskasse
In der Satzung der in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins geführten Unterstützungskasse war bestimmt, dass es sich bei dem Verein um eine soziale Einrichtung von Arbeitgebern handelt, welche ihre betriebliche Altersversorgung über eine Gruppen-Unterstützungskasse durchführen wollen. Ausschließlicher und unabänderlicher Vereinszweck war gemäß der Satzung die Gewährung von Versorgungsleistungen an Zugehörige bzw. ehemals Zugehörige der Trägerunternehmen bzw. deren Angehörige. Darüber hinaus war in der Satzung der Unterstützungskasse folgende Regelung bestimmt:
„Die Trägerunternehmen verzichten grundsätzlich auf jegliche Rückforderung des für sie jeweils gebildeten Kassenvermögens (auch aufgrund eines etwaigen gesetzlichen Rückforderungsanspruchs) […] Dies gilt auch für den Fall, dass die Mitgliedschaft eines Trägerunternehmens […] erlischt. Der Verzicht bezieht sich allerdings nicht auf etwaige Ansprüche von Trägerunternehmen, die darauf gerichtet sind, dass der Verein ihm zugewendete Mittel unter Beachtung des satzungsgemäßen Verwendungszwecks einem anderen Versorgungsträger zur Verfügung stellt, damit dieser die Versorgung fortführt. […] Unabhängig davon kann das Trägerunternehmen Zuwendungen, die infolge eines Irrtums geleistet worden sind, zurückfordern.“
Die R-GmbH hatte Dotierungszahlungen in Höhe von insgesamt 866.165,82 Euro an die Unterstützungskasse geleistet. Seit Oktober 2008 bezog der versorgungsberechtigte Geschäftsführer von der Unterstützungskasse eine lebenslange Altersrente. Seit seinem Tod im Dezember 2011 leistete die Unterstützungskasse eine lebenslange Witwenrente an die Ehefrau des Geschäftsführers. Am 15.07.2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der R-GmbH eröffnet. Der Insolvenzverwalter beantragte in einer Stufenklage, Auskunft über die bereits erbrachten Versorgungsleistungen und das verbliebene Guthaben zu erteilen und an ihn eine noch zu beziffernde Summe entsprechend der erteilten Auskunft zu zahlen. Hilfsweise verlangte der Insolvenzverwalter im Wege der Schenkungsanfechtung die Rückzahlung von 703.401,62 Euro, welche er aus der Differenz zwischen Dotierungszahlungen und bereits erbrachter Versorgungsleistungen errechnet hatte.
Anspruchsgrundlage § 667 BGB
Der BGH hat angenommen, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen der R-GmbH und der Unterstützungskasse um einen Geschäftsbesorgungsvertrag handelt. Gemäß § 667 Fall 2 BGB ist der Auftragnehmer, also hier die Unterstützungskasse, verpflichtet, dem Auftraggeber alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt. Allerdings kann von dieser gesetzlichen Bestimmung durch Vereinbarung der Parteien abgewichen werden. Fraglich war folglich im vorliegenden Fall, ob der in der Satzung der Unterstützungskasse bestimmte Rückforderungsausschluss wirksam war.
Diese Frage hat der BGH in seinem Urteil vom 08.12.2016 bejaht. Einerseits halte die Klausel über den Rückforderungsausschluss einer Inhaltskontrolle nach §§ 242, 315 BGB stand. Andererseits verstoße sie nicht gegen § 119 InsO.
Inhaltskontrolle gemäß §§ 242, 315 BGB
Satzungen von Vereinen unterliegen nicht der AGB-Kontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB, sondern lediglich einer richterlichen Inhaltskontrolle gemäß §§ 242, 315 BGB. Einer solchen Inhaltskontrolle hält die Bestimmung über den Rückforderungsausschluss in der Satzung der Unterstützungskasse nach Auffassung des BGH stand. Entscheidend sei, dass der satzungsgemäße Vereinszweck ausschließlich und unabänderlich darin liegt, Versorgungsleistungen für Beschäftigte der Trägerunternehmen zu erbringen. Mit dem Ausschluss eines Rückforderungsanspruchs soll zulässigerweise die Gewährung von Versorgungsleistungen sichergestellt werden. Dadurch, dass in der streitgegenständlichen Klausel Ansprüche auf Übertragung des gebildeten Kassenvermögens auf andere Versorgungseinrichtungen sowie die Rückforderung von Zuwendungen, die aufgrund eines Irrtums geleistet worden sind, ausdrücklich ausgenommen sind, werde den Interessen der Trägerunternehmen hinreichend Rechnung getragen, entschied der BGH.
Keine Unwirksamkeit gemäß § 119 InsO
Die Bestimmung über den Ausschluss von Rückforderungsansprüchen verstößt auch nicht gegen § 119 InsO. Gemäß § 119 InsO sind Vereinbarungen, durch die im Voraus die Anwendung der §§ 103 – 118 InsO ausgeschlossen oder beschränkt wird, unwirksam. Gemäß § 115 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 116 S. 1 InsO erlischt ein Geschäftsbesorgungsvertrag durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sofern sich der Geschäftsbesorgungsvertrag auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht. Diese Regelung hindert zum einen den Auftragnehmer daran, weiter zu Lasten der Insolvenzmasse über Vermögen verfügen zu können, das zur Masse gehört oder an die Masse herauszugeben ist. Zum anderen schließt sie weitergehende Ansprüche des Auftragnehmers auf Aufwendungsersatz und Vergütung aus. Ziel der §§ 115 Abs. 1, 116 S. 1 InsO ist es sicherzustellen, dass die Verwaltung der Masse vom Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung allein in den Händen des Insolvenzverwalters liegt. Im Übrigen führt sie lediglich dazu, dass der Insolvenzverwalter nach der Beendigung des Geschäftsbesorgungsvertrags die entstandenen Ansprüche nach den allgemeinen Regelungen geltend machen kann. Er kann daher von dem Auftragnehmer im Rahmen der Vertragsabwicklung die Herausgabe des aus der Geschäftsführung erlangten nach §§ 667, 675 BGB verlangen. Auf der anderen Seite muss der Insolvenzverwalter alles, was der Auftragnehmer bis zum Erlöschen des Geschäftsbesorgungsvertrages getan hat, für und gegen die Masse gelten lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Geschäftsbesorgungsvertrag bereits vor Insolvenzeröffnung erfüllt wurde. Die §§ 115, 116 InsO erweitern damit nicht die dem Auftraggeber nach der Beendigung eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses zustehenden materiell-rechtlichen Ansprüche. Soweit materiell-rechtlich keine Herausgabeansprüche bestehen, begründet die Insolvenzeröffnung keine solchen Ansprüche. Im vom BGH entschiedenen Fall hatten die Parteien den Ausschluss von Herausgabeansprüchen weder mit einer Insolvenzeröffnung noch mit einem Eröffnungsgrund verknüpft, sondern die Rückforderung allgemein ausgeschlossen. Es sei nicht so, dass durch die Insolvenzeröffnung ein vorher nicht bestehender Herausgabeanspruch begründet würde, erklärte der BGH in seiner Entscheidung. Vielmehr muss der Insolvenzverwalter einen Vertrag im Allgemeinen in der Lage übernehmen, in der er ihn bei Eröffnung des Verfahrens vorfindet. Dies gilt auch für ein beendetes Geschäftsbesorgungsverhältnis.
Fazit
Das Urteil des Bundesgerichtshofs führt bei den Unterstützungskassen zu Rechtssicherheit. Soweit noch nicht erfolgt, ist Unterstützungskassen dringend anzuraten, eine Bestimmung zum Rückforderungsausschluss in ihre Satzung aufzunehmen. Haben Sie Fragen zur Versorgung über eine Unterstützungskasse oder zu anderen Bereichen der betrieblichen Altersversorgung? Rufen Sie uns einfach an oder schreiben Sie uns eine E-Mail.
Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg, Lüneburg