(EuGH, Urteil vom 14.01.2010, Rechtssache C-304/08)
Das deutsche Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) gibt in § 4 Nr. 6 vor, dass eine Werbemaßnahme unlauter ist, die „die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, es sei denn, das Preisausschreiben oder Gewinnspiel ist naturgemäß mit der Ware oder der Dienstleistung verbunden.“
§ 4 Nr. 6 UWG nicht europarechtskonform
Diese Vorschrift hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner Entscheidung vom 14.01.2010 (Rechtssache C-304/08) für nicht vereinbar mit europarechtlichen Vorgaben angesehen.
Zur Begründung führte der EuGH aus, dass das generelle Verbot von entsprechenden Werbemaßnahmen den Harmonisierungsvorgaben der Richtlinie 2005/29/EG – Unlautere Geschäftspraktiken – widerspricht. Diese Richtlinie beinhaltet eine erschöpfende Liste von 31 Geschäftspraktiken, die unter allen Umständen, also ohne nähere Prüfung des Einzelfalls, unlauter sind. Der Fall der Kopplung einer Gewinnspiels oder Preisausschreibens mit dem Bezug von Waren findet sich in dieser Liste jedoch nicht wieder.
Damit geht der deutsche Gesetzgeber in § 4 Nr. 6 UWG über die Vorgaben der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken unzulässigerweise hinaus. Dies hat zur Folge, dass allein die Kopplung eines Preisausschreibens oder eines Gewinnspiels mit dem Erwerb einer Ware oder mit der Inanspruchnahme einer Leistung nicht ausreicht, um die Unlauterkeit im Regelfall zu begründen.
Ausgangsfall: Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. ./. PLUS
In dem Verfahren, dass zur Vorlageentscheidung geführt hat, ging es um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Werbung durch den Discounter PLUS. Dieser hatte im Jahre 2004 eine Werbeaktion durchgeführt, bei der die Kunden Bonuspunkte während eines bestimmten Zeitraums sammeln konnten. Der Kunde erhielt je Einkaufswert von € 5,00 einen Bonuspunkt. Erreichte der Kunde 20 Bonuspunkte, konnte er kostenlos an Ziehungen des Deutschen Lottoblocks teilnehmen.
Diese Werbung – so ließ der BGH bereits erkennen – ist nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 6 UWG, wenn der EuGH wie nun geschehen entscheiden würde.
Fazit:
Grundsätzlich können Werbemaßnahmen durchgeführt werden, bei denen ein Preisausschreiben oder ein Gewinnspiel an den Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Leistung gekoppelt ist. Es sind aber weiterhin die geltenden wettbewerbsrechtlichen Vorschriften zu beachten. So darf z.B. keine Irreführung vorliegen, es müssen die Bedingungen für die Teilnahme klar und unmissverständlich angegeben werden und das wirtschaftliche Verhalten der Verbraucher darf nicht in unzulässiger Weise beeinflusst werden. Hier sind auch die Vorgaben der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken heranzuziehen, wonach im Einzelfall zu prüfen wäre, ob die Werbemaßnahme der fachlichen Sorgfalt eines Kaufmanns entspricht und die Interessen der Verbraucher nicht beeinträchtigt.
Dr. Heiner Heldt, Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Hamburg / Lüneburg
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