Grundsätzlich gibt es einen urheberrechtlichen Schutz für Texte. Das Urheberrechtsgesetz ist diesbezüglich eindeutig und schreibt in § 2 Abs. 1 Nr. 1:
„(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:
1.Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden…“.
Trotzdem ist nicht jeder Text über das Urheberrecht geschützt. Denn auch für Texte gilt, dass ein Schutz nur vorliegt, wenn der Text eine persönliche geistige Schöpfungen darstellt (§ 2 Abs. 2 UrhG).
Wann aber besitzt der Text die notwendige Schöpfungshöhe, um als persönliche geistige Schöpfung zu gelten?
Diese Frage ist nicht immer einfach zu beantworten. Die Rechtsprechung hat Abgrenzungskriterien aufgestellt. Die Anwendung dieser Abgrenzungskriterien auf den Einzelfall kann jedoch problematisch sein.
Das Oberlandesgericht Köln hat sich im Urteil vom 12.6.2015 (Aktenzeichen: 6U 5/15) mit der Frage befasst, ob die Berichte der Bundeswehr über ihre Auslandseinsätze einen urheberrechtlichen Schutz genießen (konkret: es handelte sich um Berichte über den Afghanistan-Einsatz mit der Bezeichnung „Unterrichtung des Parlaments“, die ausschließlich ausgewählten Abgeordneten des Bundestages und anderen Bundesinstitutionen zur Verfügung gestellt wurden). Diese Berichte hatte ein Verlag über eine nicht genannte Quelle erhalten und im Internet veröffentlicht.
Das Gericht urteilte, dass auch Texte, die vorgegebene Tatsachen wiedergeben oder Gebrauchszwecken dienen, urheberrechtlich geschützt sind, wenn sie das Alltägliche, das Handwerksmäßige, die mechanisch-technische Aneinanderreihung des Materials deutlich übertragen. Die Kriterien für das Vorliegen der erforderlichen Individualität und der schöpferischen Leistung können sein:
- der Aufbau des Textes und seiner Informationen (auch im Zusammenhang mit Bildern),
- die Auswahl der dargestellten Informationen,
- die Anordnung der Text- und Bildinformationen,
- die wechselseitige Aufgabenzuweisung von Informationen in Texten und Bildern,
- die sprachliche Ausdrucksweise,
- die sonstige Darstellungsart.
Entscheidend ist, dass ein nicht unerheblicher gestalterischer Spielraum verbleibt. Hier weist das Gericht darauf hin, dass von einem solchen Gestaltungsspielraum umso eher ausgegangen werden kann, je länger der Text ist. Denn je länger der Text ist, umso mehr Individualität kann in Bezug auf die Wortwahl und die Darstellungsform vorliegen. Das Gericht weist ebenfalls darauf hin, dass ein Schutz gegen identische Textübernahmen auch dann gegeben ist, wenn die Schöpfungshöhe des Textes nur äußerst gering ist.
Soviel zur Theorie – nun zur Praxis
Auch wenn das Gesetz vorgibt, wann ein urheberrechtlicher Schutz gegeben ist, so entscheiden im Endeffekt die Gerichte, ob ein Text auch tatsächlich geschützt ist. Die Entscheidungen der Gerichte können dabei durchaus unterschiedlich sein. Einige Gerichte bewerten Texte eher als urheberrechtlich geschützt als andere, strengere Gerichte. Seit der Geburtstagszug-Entscheidung des BGH (Urteil vom 13. November 2013, Az. I ZR 143/12) ist jedoch davon auszugehen, dass auch strengere Gerichte die Hürde für einen urheberrechtlichen Schutz von Texten gesenkt haben. Denn dort entschied der BGH, dass an die Schöpfungshöhe für Gebrauchskunst nicht höher ausfallen darf als bei den schönen Künsten.
Diese Kriterien spielen eine Rolle
Die folgenden – beispielhaft ausgewählten – Kriterien wurden von den Gerichten herangezogen, um von einem urheberrechtlichen Schutz bei Texten auszugehen:
- Der Inhalt des Texts ist frei erfunden (Landgericht Köln, Urteil vom 6. April 2011, Az. 28 O 900/10).
- Der Text enthält persönliche Einschätzungen (Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 30. September 2011, Az. 6 U 82/11).
- Die Sachinformationen im Text sind systematisch ausgewählt (s.o.).
- Die Sachinformationen im Text sind verkürzt aufbereitet (s.o.).
- Bei Produktbeschreibungen: Sie folgen einem einheitlichen Aufbau und sind in einem das Zielpublikum ansprechenden Stil gehalten (s.o.).
- Der Text zeichnet sich aus durch individuelle und durchgehend zielgruppenorientierte Prägung (z.B. für Suchmaschinenoptimierung, Landgericht Köln, Urteil vom 6. April 2011, Az. 28 O 900/10).
- Bei langen Werbetexten ist auch die Reihenfolge der Darstellung geschützt (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 6. Mai 2014, Az. I-20 U 174/12).
- Die Sprache des Textes stellt auf ein bestimmtes Publikum ab (z.B. durch die Verwendung bestimmter Begriffe, Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 6. Mai 2014, Az. I-20 U 174/12).
Auch Bedienungsanleitungen können unter bestimmten Bedingungen urheberrechtlich geschützt sein (BGH, Urteil vom 10.10.1991, Az. I ZR 147/89 – Bedienungsanweisung). Texte in Zeitungen oder auch in Internetportalen, die sich auf tagesaktuelle Ereignisse beziehen, fallen häufig unter das Urheberrecht (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 10. August 2011, Az. 6 U 78/10).
Aber nicht alle Gerichte urteilen zugunsten des Textes als urheberrechtlich geschützt. So hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Software-Produktbeschreibungen in Zeitschriftenartikeln nicht als urheberrechtlich geschützt angesehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.06.2002, Az. 20 U 144/01).
Fazit:
Ob ein Text urheberrechtlich geschützt ist, muss für jeden Text einzeln entschieden werden. Generell gilt: Je länger der Text ist, umso eher genießt der Schutz durch das Urheberrecht. Werbetexten und optimierte Texte (zum Beispiel für eine Suchmaschine oder bestimmte Kundschaft), unterfallen seit der Geburtstagszugs Entscheidung des BGH leichter dem Urheberrecht. Gegen identische Textkopien sind auch Texte mit einem geringen Schutzumfang geschützt.
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