Beiträge

Gemäß § 3 Abs. 2 BetrAVG ist der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt, eine unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers bei dessen Ausscheiden aus dem Unternehmen oder zu einem späteren Zeitpunkt abzufinden, wenn eine bestimmte Höchstgrenze nicht überschritten wird. Anwartschaften, die diese Höchstgrenze, die sog. Bagatellgrenze, nicht überschreiten, werden als Klein-Anwartschaften, Kleinst-Anwartschaften oder Bagatellanwartschaften bezeichnet. Die Bagatellgrenze liegt bei Anwartschaften auf laufende Versorgungsleistungen bei 1 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Bei Anwartschaften auf einmalige Kapitalleistungen liegt sie bei 12/10 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Maßgeblich ist jeweils die bei Erreichen der in der Versorgungszusage bestimmten Altersgrenze zu erwartende Leistung.

Die im Jahr 2024 maßgeblichen Bagatellgrenzen sind in der nachstehenden Tabelle aufgeführt.

 alte Bundesländerneue Bundesländer
laufende Versorgungsleistungen35,35 Euro pro Monat34,65 Euro pro Monat
einmalige Kapitalleistungen4.242,00 Euro4.158,00 Euro

Grundsätzliche Steuerpflicht

Die Abfindung hat der Arbeitnehmer grundsätzlich zu versteuern. Lediglich bei Zusagen über eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse mit pauschal besteuerten Beiträgen gemäß § 40b EStG in der zum 31.12.2004 geltenden Fassung ist die Abfindung unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei (siehe hierzu den Beitrag „Abfindung einer Direktversicherung“).

Abfindung ist Versorgungsbezug

Früher vertraten die Sozialversicherungsträger – entgegen der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung – die Meinung, dass Abfindungszahlungen für den Verlust einer betrieblichen Altersversorgung und damit auch Abfindungen von Klein-Anwartschaften grundsätzlich als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV zu sehen seien und daher eine Beitragspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung bestehe. Lediglich bei zulässigen Abfindungen nach dem BetrAVG wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses war die Abfindung nach früherer Auffassung der Sozialversicherungsträger kein Arbeitsentgelt. Derartige Abfindungen wurden von den Sozialversicherungsträgern jedoch dann als kranken- und pflegeversicherungspflichtiger Versorgungsbezug im Sinne von § 229 SGB V angesehen, wenn der Arbeitnehmer das 59. Lebensjahr bereits vollendet hat. Gemäß Niederschrift der „Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs“ vom 20.04.2016 wird mittlerweile in der Frage der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der Rechtsprechung gefolgt. Zuletzt hatte das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 24.03.2015 (Az. L 11 R 1130/14) entschieden, dass die Abfindung einer betrieblichen Altersversorgung kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV ist und daher in der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung keine gesetzliche Grundlage für die Heranziehung der Abfindung zu Beiträgen besteht. Das LSG Baden-Württemberg hat zudem zutreffend festgestellt, dass die Abfindung für die Anwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung einen Versorgungsbezug im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 3 Variante 2 SGB V darstellt und daher für den Arbeitnehmer unabhängig von dessen Alter beitragspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ist. Anders als beim Bezug von Arbeitsentgelt sind die Beiträge nicht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu teilen, sondern vollständig vom Arbeitnehmer zu tragen.

Freigrenze und Freibetrag

Gemäß § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V gilt als monatliche Bemessungsgrundlage für die Beiträge 1/120 des Abfindungsbetrages. Auf diese fiktive Bemessungsgrundlage sind bis zu einer Dauer von maximal 10 Jahren Beiträge zu zahlen. Allerdings sind gemäß § 226 Abs. 2 S. 1 SGB V Versorgungsbezüge nur dann beitragspflichtig, wenn sie zusammen mit Gewinnen aus selbständiger Tätigkeit 1/20 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV pro Monat übersteigen (sog. Freigrenze). Im Jahr 2024 liegt die Freigrenze bei 176,75 Euro, also deutlich oberhalb der Bagatellgrenze gemäß § 3 Abs. 2 BetrAVG. Für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Mitglieder findet § 226 Abs. 2 SGB V jedoch gemäß dem gemeinsamen Rundschreiben des GKV Spitzenverbandes und der Deutschen Rentenversicherung Bund „Krankenversicherung und Pflegeversicherung der Rentner zum 1. Januar 2015“ vom 02.12.2014 keine Anwendung. Arbeitnehmer, die eine bAV-Abfindung erhalten und freiwillig gesetzlich versichert sind, haben folglich in jedem Fall Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu zahlen.

Zu unterscheiden ist die Freigrenze nach § 226 Abs. 2 Satz 1 SGB V von dem mit Wirkung zum 01.01.2020 eingeführten (gleichhohen) Freibetrag. Der in § 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V bestimmte Freibetrag kommt zur Anwendung, wenn die betrieblichen Versorgungsleistungen die Freigrenze übersteigen. Der Freibetrag gilt allerdings nur für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, nicht jedoch für Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung.

Fazit

Für privat krankenversicherte Arbeitnehmer ist die Abfindung einer Klein-Anwartschaft in allen Zweigen der Sozialversicherung stets beitragsfrei. Dies gilt wegen Unterschreitung der Freigrenze nach § 226 Abs. 2 SGB V bei Bagatellanwartschaften regelmäßig auch für pflichtversicherte Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse. Für freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse versicherte Mitglieder ist hingegen von einer Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auszugehen. Hierbei ist zu beachten, dass die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge vom betreffenden Arbeitnehmer allein zu tragen sind.

Bei Fragen zur Abfindbarkeit von betrieblichen Versorgungsanwartschaften oder sonstigen Angelegenheit zur betrieblichen Altersversorgung unterstützen wir Sie gerne. Rufen Sie uns einfach an oder schreiben eine E-Mail.

Jan Zülch, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Spezialist für betriebliche Altersversorgung, Hamburg/Lüneburg

Wird in einem Aufhebungsvertrag zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart, dass der Arbeitnehmer unter Weiterzahlung des Arbeitsentgelts bis zum Aufhebungstermin unwiderruflich freigestellt wird, kann dennoch für die Zeit der Freistellung ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV vorliegen, so das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 24.09.2008 – B 12 KR 22/07 R.

Damit beendete das BSG die bisher bestehende Unsicherheit, die durch Veröffentlichung des Besprechungsergebnisses der Spitzenverbände der Krankenkassen, dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit zur Frage des Wegfalls des beitragsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses im Falle der einvernehmlichen und unwiderruflichen Freistellung eines Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung am 05./06.07.2005 entstanden ist. Die Organisationen vertraten nämlich die Ansicht, dass – anders als bei einer widerruflichen Freistellung – durch eine unwiderrufliche Freistellung das für eine Beschäftigung erforderliche persönliche Abhängigkeitsverhältnis der Arbeitsparteien außer Kraft gesetzt würde und dadurch eine Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV entfiele. Dem stünde nicht entgegen, dass dem Arbeitnehmer bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses sein Arbeitsentgelt weiter gezahlt wird.

Das BSG dagegen entschied in seinem oben genannten Urteil, dass die Annahme einer Beschäftigung im beitragsrechtlichen Sinn auch dann möglich sei, wenn die Freistellung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Denn auch in diesem Falle bestehe der Arbeitsvertrag fort und solle nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien mit den jeweiligen Pflichten – jedenfalls zeitlich begrenzt – grundsätzlich fortbestehen. Das sozialversicherungsrechtliche Schutzbedürfnis sei bei einer unwiderruflichen Freistellung nicht geringer als bei tatsächlicher Erfüllung der arbeitsrechtlichen Hauptpflicht des Arbeitnehmers und dem rechtlich unmittelbar hierdurch begründeten Erwerb von Entgeltansprüchen. Ebenso finde die Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers und dessen Eingliederung in einen ihm vorgegebenen Arbeitsablauf auch in einer derartigen Lage noch hinreichend Ausdruck und sei hier nicht etwa stärker reduziert als in sonstigen Fällen der fortbestehenden Beschäftigung bei unterbrochener Arbeitsleistung. Voraussetzung für die Annahme einer Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV sei jedoch, dass der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt weiter zahlt.

Zu unterscheiden ist die Beschäftigung im beitragsrechtlichen Sinn von einer Beschäftigung im leistungsrechtlichen Sinn nach §§ 119, 144 SGB III. Dort beginnt die Sperrzeit für das Arbeitslosengeld tatsächlich mit Beginn einer unwiderruflich vereinbarten Freistellung.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg