Es ist ärgerlich, wenn man im Markt einen Konkurrenten entdeckt, der ein innovatives Produkt aus dem eigenen Sortiment identisch übernimmt und anbietet. Es stellt sich dann die Frage, ob man gegen den Konkurrenten vorgehen kann und ihm das weitere Anbieten des kopierten Produkts untersagen kann. Wenn weder ein eingetragenes Design vorhanden ist und auch kein technisches Schutzrecht, bleibt häufig nur der Weg über das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb, wo der wettbewerbsrechtliche (ergänzende) Leistungsschutz geregelt ist.
Was ist wettbewerbliche Eigenart?
Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz dienen im Wesentlichen dem Schutz individueller Leistungen, aber eben auch dem Allgemeininteresse an einem unverfälschten Wettbewerb. Damit ein Produkt unter den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz fällt, muss es eine „wettbewerbliche Eigenart“ besitzen. Die ist bei einem Produkt gegeben, „wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmten Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen“.
Beispiel: OLG Frankfurt zu Pferdestriegeln
Welche Merkmale das sein können, zeigt die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Az. 6 U 56/17 vom 19.04.2018). In dem Fall hatte die Beklagte Pferdestriegel angeboten, die im Wesentlichen identisch zu den Pferdestriegeln aussahen, die die Klägerin anbot. Die Bürsten unterschieden sich nur hinsichtlich ihrer Farbe und einem kleinen Logo, das die Beklagte auf ihr Produkt aufgebracht hatte.
Was kann an Pferdestriegeln eigenartig sein?
Das Gericht bejahte die wettbewerbliche Eigenart für die Pferdestriegel der Klägerin aufgrund der folgenden Merkmale:
- Ovaler Haltegriff
- Kombination zweier verschiedenfarbiger Kunststoffe, wobei der härtere zur Stabilität beiträgt und der weichere zur ermüdungsarmen, gelenksschonenden und abrutschsicheren Handhabung.
Keine wettbewerbliche Eigenart bei technischer Notwendigkeit
Die Beklagte hatte argumentiert, dass der Griff keine wettbewerbliche Eigenart begründen könne. Denn er sei technisch notwendig, um die Pferdebürste anfassen und verwenden zu können. Das Gericht stellte aber fest, dass gerade die Art des Griffes für die Benutzung einer Pferdebürste technisch nicht zwingend notwendig sein kann. Denn alle anderen Wettbewerber hätten andere Lösungen für den Griff der Bürste gefunden.
Bei Produkt-Kopie hilft Logo nicht
Da die technischen Elemente (Griff) und auch die gestalterischen Elemente (verschiedenfarbige Kunststoffe) nahezu identisch übernommen wurden (Kopie), war auch eine unlautere Herkunftstäuschung anzunehmen. Zur Vermeidung dieser Herkunftstäuschung reichte es nicht aus, dass die Beklagte auf ihre Bürste ein Logo aufgebracht hatte. Zum einen war das Logo nur schwer zu erkennen, weil es klein war und farblich nicht hervorstach. Und zum anderen unterschied sich die Gestaltung der Bürste derart deutlich von anderen Wettbewerbsprodukten, dass der Kunde allein aufgrund der äußeren Gestaltung des Produkts auf einen bestimmten Hersteller schließen würde – so das Gericht. Die Verbraucher könnten daher auch denken, dass Bürste der Beklagten ein Lizenzprodukt oder eine Zweitmarke der Klägerin sein könnte.
Im Ergebnis untersagte das Oberlandesgericht Frankfurt der Beklagten, ihr Pferdeputzzeug (Bürste) in Deutschland in den Verkehr zu bringen.
Fazit
Es müssen keine künstlerischen Gestaltungen sein, die einem Produkt wettbewerbliche Eigenart verleihen. Wichtig ist allerdings, dass diese Merkmale nicht technisch zwingend notwendig sind. Denn technisch notwendige Merkmale müssen für jeden Wettbewerber frei nutzbar sein. Ob ein Merkmal die Schwelle zur wettbewerblichen Eigenart überspringt, kann anhand eines Vergleichs mit funktionsgleichen Wettbewerbsprodukten beurteilt werden. Unterscheidet sich das eigene Produkt von Wettbewerbsprodukten erheblich, so spricht vieles für das Vorliegen von wettbewerblicher Eigenart. Werden solche Produkte fast identisch nachgeahmt (kopiert), so hilft auch das Anbringen eines Logos oder einer Marke dem Nachahmer nichts mehr: Sein Produkt stellt eine unzulässige Herkunftstäuschung im Sinne von § 4 Nr. 3a UWG dar.