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Gemäß § 3 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) ist die Abfindung von unverfallbaren Versorgungsanwartschaften im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Abfindung von  laufenden Leistungen grundsätzlich verboten. Im Folgenden werden die Fallgruppen aufgeführt, bei denen eine Abfindung zulässig ist.

1.  Abfindung von lediglich vertraglich unverfallbaren Anwartschaften

Das Abfindungsverbot nach § 3 BetrAVG gilt nur für gesetzlich unverfallbare Anwartschaften. Die gesetzliche Unverfallbarkeit richtet sich nach § 1b Abs. 1 BetrAVG. Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vertraglich eine Unverfallbarkeit zugesichert, ohne dass die gesetzliche Unverfallbarkeit erreicht ist, kann die Versorgungsanwartschaft abgefunden werden. Die Höhe der Abfindung ist dabei frei verhandelbar.

2.  Abfindung im laufenden Arbeitsverhältnis

Die Abfindung einer unverfallbaren Anwartschaft ist gemäß § 3 Abs. 1 BetrAVG nur „im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ unzulässig. Während der aktiven Beschäftigung kann hingegen auch eine bereits gesetzlich unverfallbare Anwartschaft (einvernehmlich) abgefunden werden.  Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Formulierung im Gesetz weit auszulegen ist. Das Abfindungsverbot gilt bereits dann, wenn die Abfindung im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt (BAG, Urteil vom 14. 6. 2005 – 3 AZR 185/04). Ein solcher Zusammenhang ist zum Beispiel anzunehmen, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer bereits ausgesprochen ist oder die Abfindung im Rahmen eines Aufhebungsvertrags über die zukünftige Beendigung des Arbeitsvertrages vereinbart wird.

3. Abfindung bei Nichtüberschreitung der sog. Bagatellgrenze

Sofern die laufende Leistung bzw. die aus der unverfallbaren Anwartschaft resultierende laufende Leistung zur vorgesehenen Altersgrenze die Bagatellgrenze gemäß § 3 Abs. 2 BetrAVG nicht überschreitet, hat der Arbeitgeber ein einseitiges Abfindungsrecht. Die Bagatellgrenze liegt im Jahr 2022 bei monatlich 32,90 Euro (alte Bundesländer) bzw. 31,50 Euro (neue Bundesländer). Ist eine Kapitalleistung vereinbart, liegt die Bagatellgrenze im Jahr 2022 bei 3.948,- Euro (alte Bundesländer) bzw. 3.780,- Euro (neue Bundesländer). Zu beachten ist jedoch, dass gemäß § 3 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG eine Abfindung dann unzulässig ist, wenn der Arbeitnehmer von seinem Recht auf Übertragung der Anwartschaft Gebrauch macht. Allerdings führt diese Regelung nach der hier vertretenen Auffassung nicht dazu, dass der Arbeitgeber die in § 4 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG bestimmte Jahresfrist abwarten muss, bevor er einseitig abfindet.

4. Abfindungsrecht des Arbeitnehmers bei Erstattung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung

Der Arbeitnehmer hat ein einseitiges Abfindungsrecht, wenn er mit einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft ausgeschieden ist und ihm die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erstattet worden sind. Dieser Fall kommt in Betracht bei Arbeitnehmern mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die in ihre Heimat zurückkehren. Allerdings ist der Anwendungsbereich gering, da eine Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen ausgeschlossen ist, wenn das Recht zur freiwilligen Versicherung besteht. Ein Recht auf freiwillige Versicherung haben alle Versorgungsberechtigten, die in EU-Mitgliedsstaaten oder in Länder zurückkehren, mit denen Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen hat.

5. Abfindung bei Insolvenz des Arbeitgebers

Bei Insolvenz des Arbeitgebers wird bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 7 BetrAVG der bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erdiente Teil der Versorgungsanwartschaft vom Pensions-Sicherungs-Verein gesichert. Wird das Arbeitsverhältnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortgesetzt, kann der Teil der Versorgungsanwartschaft, der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erdient wurde, dann ohne Zustimmung des Arbeitnehmers abgefunden werden, wenn die Betriebstätigkeit vollständig eingestellt und das Unternehmen liquidiert wird.

6. Abfindung von vor dem 01.01.2005 erstmals gezahlten laufende Leistungen

Vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) zum 01.01.2005 galt das Abfindungsverbot nicht für laufende Leistungen. In § 30g Abs. 3 BetrAVG ist eine Übergangsregelung bestimmt. Danach findet § 3 keine Anwendung auf laufende Leistungen, die vor dem 01.01.2005 erstmals gezahlt wurden.

Maßgeblich für den Stichtag ist nach Auffassung eines Teils der Fachliteratur die erstmalige Zahlung der originären Stammrente. Dies hat zur Folge, dass ein nach dem 31.12.2004 entstandener Anspruch auf Hinterbliebenenleistung dann noch abgefunden werden kann, wenn dieser auf einer bereits vor dem 01.01.2005 gezahlten Altersrente basiert.

Beispiel: Gemäß der Versorgungszusage erhält der Mitarbeiter ab dem Jahr 2004 eine betriebliche Altersrente in Höhe von 1.000,- Euro monatlich. Im Falle seines Versterbens erhält zusagegemäß seine hinterbliebene Ehefrau eine Witwenrente in Höhe von 60% der Altersrente, also 600,- Euro pro Monat. Der versorgungsberechtigte Mitarbeiter verstirbt in der Rentenbezugsphase im Jahr 2012.

Gemäß der oben erwähnten Literaturauffassung kann der der hinterbliebenen Ehefrau zustehende Anspruch auf  Witwenrente  (einvernehmlich) abgefunden werden. Nach der Gegenauffassung ist die Abfindbarkeit einer Hinterbliebenen eigenständig zu prüfen. Beginnt sie nach dem 31.12.2004, findet § 30g Abs. 3 BetrAVG keine Anwendung. In dem Beispiel wäre nach dieser Gegenauffassung eine Abfindung unzulässig.

7. Abfindung im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs

Eine Abfindungsvereinbarung verstößt auch  dann nicht gegen § 3 BetrAVG

wenn sie in Form eines gerichtlichen Vergleichs zur Beendigung eines auch Tatsachenfragen betreffenden  Rechtsstreits geschlossen wird. Als zulässig erachtet hat das Bundesarbeitsgericht zum Beispiel eine Regelung eines in einem Kündigungsschutzverfahren geschlossenen Tatsachenvergleichs, nach welchem die Versorgungsansprüche vollständig ausgeschlossen wurden und stattdessen die Abfindung wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes erhöht wurde (BAG, Urteil vom 23.08.1994 – 3 AZR 825/93).

 

Wenn Sie Fragen zur Abfindbarkeit von Betriebsrenten oder anderen Problematiken in der betrieblichen Altersversorgung haben, rufen Sie uns einfach an (040 – 371577) oder schreiben und eine E-Mail. Wir beraten Sie gerne.

Jan Zülch, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Spezialist für betriebliche Altersversorgung, Hamburg / Lüneburg

In § 16 Abs. 1 BetrAVG ist bestimmt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, alle drei Jahre eine Anpassung laufender Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.

Laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung

Voraussetzung für die Anpassungsprüfungspflicht ist zunächst, dass Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gewährt werden. Der Begriff „betriebliche Altersversorgung“ ist in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG definiert. Um betriebliche Altersversorgung handelt es sich danach, wenn einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt wurden. Darüber hinaus ist für die Anpassungsprüfungspflicht erforderlich, dass es sich um laufende Leistungen handelt. § 16 BetrAVG findet also keine Anwendung auf einmalige Kapitalleistungen und Kapitalratenzahlungen. Auch monatliche Raten im Rahmen eines Auszahlungsplans sowie Renten ab Vollendung des 85. Lebensjahres im Anschluss an einen Auszahlungsplan unterliegen nicht der Anpassungsprüfungspflicht. Schließlich ist hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 16 BetrAVG der Tarifvorrang nach § 19 Abs. 1 und 2 BetrAVG zu beachten. In einem Tarifvertrag kann also auch zu Ungunsten des Betriebsrentners von der Anpassungsprüfungspflicht abgewichen werden.

Anpassungsentscheidung nach billigem Ermessen

Der Arbeitgeber hat bei Anpassungsprüfung und Anpassungsentscheidung seine wirtschaftliche Lage  und die Belange des Versorgungsempfängers abzuwägen. Hierbei steht ihm nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu (BAG 29.11.1988 – 3 AZR 184/87).

Belange des Versorgungsempfängers

Gemäß § 16 Abs. 2 BetrAVG sind die Belange des Versorgungsempfängers dann erfüllt, wenn entweder der in den letzten Jahren eingetretene Kaufkraftverlust ausgeglichen oder die Versorgungsleistung entsprechend der Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer des Unternehmens angepasst wird. Rentenerhöhungen in der gesetzlichen Rentenversicherung sind für die Belange der Versorgungsempfänger nach Ansicht des BAG nicht zu berücksichtigen (BAG 15.9.1977 – 3 AZR 654/76). Maßgeblich für das Ausmaß des Kaufkraftverlusts ist der Verbraucherpreisindex für Deutschland. Bei der Begrenzung des Anpassungsbedarfs durch die so genannten reallohnbezogenen Obergrenze ist nicht auf den Anstieg der Nettolöhne innerhalb des Prüfungszeitraums abzustellen, sondern auf die Zeit vom Rentenbeginn bis zum jeweils aktuellen Anpassungsstichtag (BAG, Urteil vom 19.06.2012 – 3 AZR 464/11).

Wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers

Eine Anpassung der Betriebsrenten muss vom Arbeitgeber nicht vorgenommen werden, wenn seine wirtschaftliche Lage dem entgegensteht. Hierbei ist insbesondere das Interesse des Unternehmens an seiner Substanzerhaltung zu berücksichtigen. Die aktiven Mitarbeiter brauchen für eine Rentenanpassung keine Nachteile in Kauf nehmen, wie etwa Entgeltverzicht, geringere Entgelterhöhungen oder die Gefährdung ihres Arbeitsplatzes. Maßgebliches Kriterium für die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers ist gemäß Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die  Eigenkapitalverzinsung. Darüber hinaus kann auch die Eigenkapitalquote des Arbeitgebers zu berücksichtigen sein.

Ausnahmen von der Anpassungsprüfungspflicht

Gemäß § 16 Abs. 3 BetrAVG besteht eine Anpassungsprüfungspflicht in den folgenden Fällen nicht:

Nachholende Anpassung

Der Arbeitgeber im Falle einer unterlassenen Anpassung beim nachfolgenden Prüftermin bei den Belangen des Versorgungsempfängers grundsätzlich den Kaufkraftausgleich oder die Nettolohnsteigerung ab Rentenbeginn bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen – allerdings nur soweit die Anpassung zu Unrecht unterblieben ist. Zu Unrecht unterbliebene Anpassungen sind also grundsätzlich „nachzuholen“.

Keine nachholenden Anpassung gemäß § 16 Abs. 4 BetrAVG

Im Zuge des Rentenreformgesetzes 1999 zum 01.01.1999 führt der Gesetzgeber den Absatz 4 in § 16 BetrAVG ein. Nach dieser Vorschrift besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Nachholung unterbliebener Anpassungen, wenn das Unterbleiben der Anpassung zu Recht erfolgte. Gemäß § 30c Abs. 2 BetrAVG gilt diese Bestimmung jedoch erst für Anpassungsstichtage ab dem 01.01.1999. Der vor 1999 entstandene „Anpassungsstau“ ist dagegen bei hinreichender wirtschaftlicher Lage des Unternehmens zu berücksichtigen (Für Anpassungszeiträume bis zum 01.01.1975 ist jedoch nur der halbe Teuerungsausgleich zu gewähren).

Die Anpassung ist „zu Recht“ unterblieben, wenn die Anpassung nach pflichtgemäßer Ausübung des billigen Ermessens nach Abs. 1 nicht vorzunehmen war (Abs. 4 Satz 1) oder der Arbeitgeber den Versorgungsempfänger über die seiner Entscheidung zugrunde gelegten Fakten ausreichend informiert und dieser sich trotz Belehrung nicht innerhalb von drei Monaten schriftlich gegen die unterbliebene Anpassung gewendet hat (Fiktion des Abs. 4 Satz 2).

Nachträgliche Anpassung

Von der nachholenden Anpassung zu unterscheiden ist die nachträgliche Anpassung. Sie betrifft nicht die Höhe der Anpassung, sondern die Rückwirkung des Anpassungsanspruchs auf den Anpassungsstichtag.


Für die rechtliche Beratung über die Anpassung von Betriebsrenten, die Gestaltung von rechtssicheren Anpassungsmitteilungen  sowie für die Geltendmachung oder die Abwehr von Anpassungsansprüchen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns einfach an – unter 040 – 371577 – oder schreiben uns eine E-Mail. Wir unterstützen Sie gerne.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

In erster Linie ging es bei dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 15.05.2012 (Az. 3 AZR 11/10) um die Frage, ob es zulässig ist, eine ursprünglich auf Rentenzahlung ausgerichtete Versorgungszusage ohne Zustimmung der klagenden Arbeitnehmerin in eine Kapitalzusage umzuwandeln.

Die vom BAG zugunsten der Arbeitnehmerin getroffene Entscheidung hierüber war für Fachleute keine Überraschung. Für viel Gesprächsstoff sorgte aber die im Rahmen der Ermittlung der Besitzstandsrente vom BAG getroffene Entscheidung zur Auslegung der gemäß ihrem Wortlauf auf die Altersgrenze 65 abstellende Versorgungszusage.

© JiSign / fotolia.com

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Auslegung entgegen dem Wortlaut der Versorgungszusage

Das BAG hat nämlich in dem oben genannten Urteil entschieden, dass eine vor dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz entstandene Versorgungsordnung, die als Beginn der Altersleistung die Vollendung des 65. Lebensjahres bestimmt, regelmäßig dahingehend auszulegen ist, dass auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung abzustellen ist.

Rückblick: Einführung der Rente mit 67

Mit dem am 20.04.2007 beschlossenen und zum 01.01.2008 in Kraft getretenen RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz wurde die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung angehoben, und zwar je nach Geburtsjahr um bis zu 2 Jahre. Betroffen sind alle nach 1946 geborenen Versicherten. Die Regelaltersgrenze 67 gilt für alle Versicherten, die 1964 oder später geboren sind. Die verschiedenen Regelaltersgrenzen ergeben sich aus nachstehender Tabelle (entsprechend §§ 35, 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Geburtsjahr des Versicherten Anhebung der bisherigen Regelaltersgrenze um Monate Neue Regelaltersgrenze ab 01.01.2008
Jahr Monat
vor 1947 keine Anhebung 65 0
1947 1 65 1
1948 2 65 2
1949 3 65 3
1950 4 65 4
1951 5 65 5
1952 6 65 6
1953 7 65 7
1954 8 65 8
1955 9 65 9
1956 10 65 10
1957 11 65 11
1958 12 66 0
1959 14 66 2
1960 16 66 4
1961 18 66 6
1962 20 66 8
1963 22 66 10
nach 1963 24 67 0

Mitwandern der Altersgrenze

In der dem Urteil des BAG vom 15.05.2012 zugrunde liegenden Gesamtbetriebsvereinbarung aus dem Jahr 1983 war gemäß ihrem Wortlaut bestimmt, dass die Arbeitnehmer einen Anspruch auf Altersruhegeld haben, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet haben. Das BAG hat darin eine dynamische Verweisung auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung gesehen. Die Altersgrenze würde folglich „mitwandern“. Als Begründung für seine Auslegung führt das BAG zunächst den langen Bestand der bisherigen gesetzlichen Regelaltersgrenze 65 an. Da die bisherige Regelaltersgrenze bereits seit 1916 bestand, habe es bei der Erstellung von Versorgungsordnungen keine Veranlassung zu abweichenden Formulierungen gegeben. Darüber hinaus sei der Umstand zu berücksichtigen, dass die vom Arbeitgeber zu erbringende betriebliche Altersversorgung als Gegenleistung für die gesamte Betriebszugehörigkeit zwischen dem Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem Erreichen der festen Altersgrenze aufzufassen ist.

Weitreichende Auswirkungen

Eine dynamische Auslegung der Altersgrenze hat weitgehende Auswirkungen. Neben der Verschiebung der Altersgrenze für aktive Mitarbeiter, die nach 1946 geboren sind, können sich z.B. hinsichtlich folgender Punkte Konsequenzen ergeben:

  • Höhe der Altersrente bei sog. Bausteinzusagen, denen eine versicherungsmathematisch kalkulierte Verrentungstabelle zu Grunde liegt
  • Höhe des vorgezogenen Altersruhegeldes
  • Höhe der unverfallbaren Anwartschaft (nur relevant bei Arbeitnehmern, die nach dem 31.12.2007 aus dem Unternehmen ausgeschieden sind)
  • Höhe der laufendem Altersrenten (ebenfalls nur relevant bei Arbeitnehmern, die nach dem 31.12.2007 aus dem Unternehmen ausgeschieden sind)
  • Höhe des Versorgungsausgleichs bei Ehescheidung
  • möglicher Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber Arbeitnehmern, die als Ausgleich für den Verzicht ihrer Versorgungszusage eine Abfindung erhalten haben
  • Im Falle der Übertragung einer unverfallbaren Anwartschaft bei einem Arbeitgeberwechsel nach § 4 BetrAVG: möglicher Rückzahlungsanspruch des alten Arbeitgebers gegenüber dem neuen Arbeitgeber
  • Höhe etwaig vorzunehmender Pensionsrückstellungen
  • Höhe der zu entrichtenden Beiträge an den Pensions-Sicherungs-Verein

Ob die Altersgrenze in einer Versorgungsordnung tatsächlich dynamisch oder wegen Besonderheiten in der Versorgungszusage doch statisch auszulegen ist, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Betroffen können jedoch regelmäßig nur Versorgungsordnungen sein, die vor Verabschiedung des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes geschlossen wurden. Ebenfalls einer konkreten Begutachtung bedürfen die Auswirkungen einer  dynamischen Auslegung der Altersgrenze. Sprechen Sie uns hierzu an oder schreiben Sie eine E-Mail. Wir beraten Sie gerne.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

Nach den beiden Urteilen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 21.04.2009 (Az.: 3 AZR 471/07 und 3 AZR 695/089) haben viele Betriebsrentner ihre Ansprüche auf eine höhere Betriebsrente vor den Arbeitsgerichten bzw. Landesarbeitsgerichten erfolgreich eingeklagt (vgl. auch den Beitrag „Höhere Betriebsrente für ehemalige Gutverdiener“). Bei einem etwas anders gelagerten Fall wies das Landesarbeitsgericht Niedersachsen die Klage eines Versorgungsanwärters auf Neuberechnung der betrieblichen Altersversorgung mit Urteil vom 08.12.2009 (Az.: 11 Sa 1783/07) ab. Das BAG hat mit seinem Urteil vom 17.01.2012 (Az.: 3 AZR 135/10) über die Revision des Klägers entschieden und auch hier dem zukünftigen Betriebsrentner Recht gegeben.

Dreistufige gespaltene Rentenformel

Anders als bei den, den Urteilen des BAG vom 21.04.2009 zugrunde liegenden Sachverhalten wird in der dem neuen Fall zugrunde liegenden Pensionsordnung in der Formel zur Berechnung der Versorgungsleistungen nicht unmittelbar auf die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) abgestellt. Auch handelt es sich bei der Berechnungsformel nicht um eine klassische zweistufige gespaltene Rentenformel, welche für Teile des versorgungsfähigen Einkommens oberhalb der BBG einen höheren Versorgungsprozentsatz vorsieht, als für das versorgungsfähige Einkommen bis zur BBG. Die vom aktuellen BAG-Urteil begutachtete Versorgungsordnung beinhaltete vielmehr drei verschiedene Versorgungsprozentsätze:

  • 0,25 % für den Teil des pensionsfähigen Einkommens der 69.050,00 DM  (= 35.304,70 Euro) nicht übersteigt,
  • 1,90 % für den Teil des pensionsfähigen Einkommens der über 69.050,00 DM (= 35.304,70 Euro) liegt und nicht mehr als 138.100,00 DM (= 70.609,41 Euro) beträgt und
  • 1,75 % für den Teil des pensionsfähigen Einkommens der 138.100,00 DM (= 70.609,41 Euro) übersteigt.

Anpassung der Grenzwerte durch den Arbeitgeber

Dem Arbeitgeber war es gemäß der Versorgungsordnung allerdings gestattet, die beiden o.g. Grenzwerte entweder entsprechend des jährlichen Anstiegs der durchschnittlichen Lebenshaltungskosten eines Vier-Personen-Haushalts mit mittlerem Einkommen in der Bundesrepublik Deutschland (heute Verbraucherpreisindex für Deutschland) oder entsprechend des jährlichen Anstiegs der „Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Sozialversicherung“ nachträglich anzuheben. Von dieser Möglichkeit machte der beklagte Arbeitgeber auch regelmäßig Gebrauch. Mit Schreiben vom 07.05.2004 informierte er die Versorgungsberechtigten, dass die Grenzwerte entsprechend des Anstiegs der Beitragsbemessungsgrenze zum Jahr 2003 angehoben werden würden. Hierbei legte der beklagte Arbeitgeber den Anstieg der tatsächlichen Beitragsbemessungsgrenze von monatlich 4.500,00 Euro auf monatlich 5.100,00 Euro zugrunde, mithin einen Steigerungssatz von 13,3 %. Er berücksichtigte also neben der regulären Erhöhung auch den sog. BBG-Sprung, der aufgrund der Einfügung des § 275c in das 6. Sozialgesetzbuch erfolgte. Allerdings – so teilte der Arbeitgeber den Versorgungsberechtigten mit – würden die Grenzwerte nicht in einem Schritt erhöht, sondern über fünf Jahr verteilt.

Klageabweisung durch das LAG Niedersachsen

Der Kläger wehrte sich mit seiner am 21.02.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage gegen den starken Anstieg der in der Rentenformel bestimmten Grenzwerte. Hierdurch würde er in seiner betrieblichen Altersrente erhebliche Einbußen erleiden, die nicht durch eine höhere gesetzliche Rente ausgeglichen werden würden. Zu beachten sei, dass die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze im Umfang von 500,00 Euro monatlich nicht entsprechend der Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte erfolgte. Der Teil des Anstiegs der BBG, der auf die außerplanmäßige Erhöhung nach § 275 c SGB VI beruhe, dürfe vielmehr bei der Bestimmung der Grenzwerte nicht mit berücksichtigt werden. Nachdem der Kläger vor dem Arbeitsgericht noch obsiegt hatte, wies in der Berufung das LAG Niedersachsen die Klage mit Urteil vom 08.12.2009 ab. Als Begründung führte es in erster Linie an, dass die Auswirkung des „BBG-Sprungs“ in dem zu entscheidenden Fall verhältnismäßig gering war, nämlich unter 5 % des gesamten Versorgungsvolumens. Bei solch geringen Einbußen bestehe zu einer ergänzenden Vertragsauslegung kein Anlass, so die niedersächsischen Richter.

BAG entscheidet zugunsten des Versorgungsanwärters

Dies beurteilte das Bundesarbeitsgericht anders und gab der Revision des zukünftigen Betriebsrentners statt. Es verwies auf seine Urteile vom 21.04.2009 und bestätigte ausdrücklich, dass der Begriff der „Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Sozialversicherung“ in der zugrunde liegenden Versorgungsordnung mit dem Prinzip der Anhebung der BBG entsprechend der tatsächlichen durchschnittlichen Lohn- und Gehaltsentwicklung im Sinne des § 159 SGB VI verbunden ist. Die Erhöhnung der Grenzwerte in der dreistufigen Rentenformel dürfe sich daher nicht an dem tatsächlichen auf Grund des Beitragssicherungsgesetzes außerplanmäßig besonders hoch ausgefallenen Anstieg der BBG im Jahr 2003 orientieren, sondern lediglich entsprechend § 159 SGB VI an der Steigerung der durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelte.

Praxistipp

Die Urteile des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung von Versorgungsordnungen mit gespaltener Rentenformel können unter folgenden Voraussetzungen relevant sein:

  1. Die versorgungsbegründende Zusage, z.B. Betriebsvereinbarung oder Gesamtzusage (oft als „Ruhegeldordnung“, „Versorgungsrichtlinien“ oder „Pensionsplan“ bezeichnet) muss vor dem Jahr 2003 vereinbart bzw. erstellt worden sein.
  2. Der erstmalige Bezug der betrieblichen Altersrente muss nach dem 31.12.2002 erfolgt sein.
  3. Die Höhe der Betriebsrente muss sich zumindest mittelbar an der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) orientieren.
  4. In der Regel muss das anrechungsfähige Gehalt oberhalb der bei Rentenbeginn gültigen BBG liegen.

Verjährung

Gemäß § 18a des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz – BetrAVG) in Verbindung mit § 195 BGB verjähren die Ansprüche auf die wiederkehrenden Betriebsrentenzahlungen innerhalb von drei Jahren. Das sog. Rentenstammrecht dagegen verjährt erst in 30 Jahren.

Wenn Sie Fragen zur betrieblichen Altersversorgung haben, unterstützen wir Sie gerne. Insbesondere können wir für Sie überprüfen, ob die betriebliche Altersrente nach Maßgabe der Urteile des Bundesarbeitsgerichts korrekt berechnet wurde. Rufen Sie uns einfach an oder schreiben Sie uns eine E-Mail. Wir beraten Sie gerne.

Jan Zülch, Rechtsanwalt, Arbeitsrecht und betriebliche Altersversorgung, Hamburg / Lüneburg

Nachtrag:

Dieser Artikel ist nicht mehr aktuell. Mit Urteilen vom 23.04.2013 (Aktenzeichen 3 AZR 531/11, 3 AZR 23/11, 3 AZR 24/11, 3 AZR 512/11, 3 AZR 513/11 und 3 AZR 475/11) ist das BAG nämlich von seiner bisherigen Rechtsprechung zum Umgang mit gespaltenen Rentenformeln, die sich an der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) orientieren, abgekehrt (vgl. zur bisherigen Rspr. des BAG insbes. dessen Urteile vom 21.04.2009 – 3 AZR 471/07 und 3 AZR 695/08).

Zwar liegen die Urteilsbegründungen noch nicht vor. In einer Pressemitteilung des BAG heißt es jedoch, dass sich eine höhere Betriebsrente aufgrund der außerordentlichen Anhebung der BBG zum 01.01.2003 allenfalls über § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) ergeben könne. Hierfür ist erforderlich, dass dem Betriebsrentner ein Festhalten an der getroffenen Vereinbarung unzumutbar ist. Dies dürfte jedoch bei einem Absinken der betrieblichen Altersrente aufgrund eines „BBG-Sprungs“ nur in Ausnahmefällen anzunehmen sein.

26.04.2013

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Leistungen aus einem Direktversicherungsvertrag nicht der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Pflegeversicherung unterliegen, soweit sie auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Einnahme der Stellung des Versicherungsnehmers auf den Lebensversicherungsvertrag eingezahlt hat (Beschluss vom 28.09.2010 – 1 BvR 1660/08).

Beitragspflicht von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung

Während Leistungen aus einer privaten Lebensversicherung bei pflichtversicherten Mitgliedern der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) keiner Beitragspflicht unterliegen, sind gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 SGB V Renten und einmalige Kapitalleistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung (z.B. aus einer Direktversicherung oder einer Pensionskasse) beitragspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Pflegeversicherung. Nach der von den Spitzenverbänden der Krankenkassen bisher vertretenen Ansicht bezieht sich die Beitragspflicht auf die gesamte Versorgungsleistung auch dann, wenn der Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber ausgeschieden ist und den der betrieblichen Altersversorgung zugrunde liegenden Direktversicherungsvertrag oder Pensionskassenvertrag privat weitergeführt hat. Diese Ansicht wurde bisher auch von den Sozialgerichten geteilt,  vom Bundessozialgericht zuletzt mit Urteil vom 12.12.2007 (Az. B 12 KR 2/07).

Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht

Gegen die Vorgehensweise der Krankenkassen wehrte sich ein mittlerweile 68-jähriger Rentner und legte Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht ein. Ihm war von seinem früheren Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung zugesagt worden. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses führte er den Versicherungsvertrag privat fort, dh. er übernahm die Versicherungsnehmereigenschaft von seinem früheren Arbeitgeber. Zum 01.05.2004 wurden die Versicherungsleistungen fällig. Dem Rentner wurde  eine einmalige Kapitalleistung in Höhe von 67.443,51 Euro ausgezahlt. Der hiervon durch die Prämienzahlung seines ehemaligen Arbeitgebers erwirtschaftete Teil betrug 18.803,90 Euro. Mit Bescheid vom 17.06.2004 stellte die Krankenkasse fest, dass nicht lediglich die 18.803,90 Euro, sondern der Gesamtbetrag der Beitragspflicht unterliege. Dies waren gemäß der Berechnungsregelung in § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V und den geltenden Beitragssätzen monatlich 86,55 Euro. Der Widerspruch und die Klageverfahren des Beschwerdeführers vor den Sozialgerichten blieben erfolglos.

Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG

In seinem Beschluss vom 28.09.2010 (Az. 1 BvR 1660/08) führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem verbiete, sondern auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Letzteres könne angenommen werden, wenn die Typisierung als Leistung der betriebliche Altersversorgung i.S.v. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V auf die Fälle ausdehnt werde, in denen Einzahlungen des Arbeitnehmers auf Kapitallebensversicherungsverträge vorgenommen wurden, welche den Begriffsmerkmalen des Betriebsrentenrechts nicht entsprechen und sich in keiner Weise mehr von Einzahlungen auf private Kapitallebensversicherungsverträge unterscheiden. Genau dies sei der Fall, wenn nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Beiträge auf eine frühere Direktversicherung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nach Einrücken des Arbeitnehmers in die Stellung des Versicherungsnehmers allein von ihm gezahlt werden.

Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer

Anders liege der Fall so das Bundesverfassungsgericht in seiner ebenfalls am 28.09.2010 getroffenen Parallelentscheidung (1 BvR 739/08), wenn der Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen zwar die Beiträge auf die Direktversicherung weiterzahlt, der Arbeitgeber jedoch die Direktversicherung als Versicherungsnehmer und damit innerhalb der institutionellen Vorgaben des Betriebsrentengesetzes fortführt. Für das Entfallen der Beitragspflichtigkeit ist es folglich zwingend erforderlich, dass der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Versicherungsnehmer geworden ist.

Beitragspflicht eines privat fortgeführten Pensionskassenvertrages

Auch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08) vertrat das Bundessozialgericht noch die Auffassung, die gesamte Leistung aus einem nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus dem Privatvermögen des Arbeitnehmers weiter besparten Versicherungsvertrag sei beitragspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, sofern der Versicherungsvertrag mit einer Pensionskasse geschlossen worden sei (BSG-Urteil vom 23.07.2014 – B 12 KR 25/12 R). Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings wie im Fall eines privat fortgeführten Direktversicherungsvertrages entschieden: Leistungen einer Pensionskasse unterliegen nicht der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung,  s o w e i t  sie auf den Beiträgen beruhen, die der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Einnahme der Stellung des Versicherungsnehmers auf Versicherungsvertrag bei der Pensionskasse eingezahlt hat (Beschlüsse des BVerfG vom 27.06.2018, Az. 1 BvR 100/15, 1 BvR 249/15 und vom 09.07.2018, Az. 1 BvL 2/18).

Empfehlung

Wer nach Beendigung eines Arbeitvertrages den von seinem früheren Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherungsvertrag  privat, dh. in der Stellung des Versicherungsnehmers fortgeführt hat, muss nur diejenigen Leistungen verbeitragen, die durch die Prämienzahlung seines ehemaligen Arbeitgebers erwirtschaftet wurden. Unerheblich ist, ob es sich bei der früheren Direktversicherungszusage um eine arbeitgeberfinanzierte oder eine arbeitnehmerfinanzierte (durch Entgeltumwandlung) betriebliche Altersversorgung handelte. Bei privat fortgeführten Pensionskassenverträgen gelten die beiden vorstehenden Sätze entsprechend.

In der Vergangenheit zu viel gezahlte Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge können von der Krankenkasse zurück verlangt werden. Allerdings ist hierbei die 4-jährige Verjährungsfrist des § 27 Abs. 2 SGB IV zu beachten. Bei der Geltendmachung Ihrer Ansprüche unterstützen wir Sie gerne. Melden Sie sich einfach telefonisch oder per E-Mail.

Jan Zülch, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Spezialist für betriebliche Altersversorgung, Hamburg / Lüneburg

Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld aus dem Rechtsinstitut der betrieblichen Übung entsteht, nachdem eine Weihnachtsgeldzahlung dreimal hintereinander vorbehaltlos vom Arbeitgeber gewährt wird. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun entschieden, dass diese Regel auch für das an Betriebsrentner gezahlte Weihnachtsgeld gilt. Weiterlesen

Wer während seines Berufslebens gut verdient hat und von seinem damaligen Arbeitgeber eine Zusage auf betriebliche Altersversorgung erhalten hat, sollte überprüfen, ob die Zusage eine sogenannte gespaltene Rentenformel enthält. Falls ja, hat er gute Aussichten auf eine wesentlich höhere Betriebsrente – jedenfalls dann, wenn er nach dem 31.12.2002 in Rente gegangen ist. In einem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall (Urteil vom 21.04.2009, Az.: 3 AZR 695/08) wurde dem klagenden Rentner eine Betriebsrentenerhöhung von monatlich über 200 Euro zugesprochen.

Versorgungszusage mit gespaltener Rentenformel

Die Zusage auf betriebliche Altersversorgung muss eine gespaltene Rentenformel enthalten. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Höhe der Betriebsrente vom während der Beschäftigung erzielten Einkommen abhängig ist und für Gehaltsteile über der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (BBG) ein höherer Versorgungsprozentsatz festgelegt ist als für Gehaltsteile bis zur BBG. Die BBG bestimmt, bis zu welchem Betrag Pflichtbeiträge an den Rentenversicherungsträger abgeführt werden müssen. Das Bruttogehalt, welches über der jeweils gültigen Beitragsbemessungsgrenze liegt, bleibt bei der Berechnung des Rentenversicherungsbeitrags unberücksichtigt.

Außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze

Die Beitragsbemessungsgrenze wird jährlich in dem Verhältnis angepasst, in dem die durchschnittlichen Bruttogehälter des Vorjahres zu den durchschnittlichen Bruttogehältern des vorvergangenen Jahres stehen. Bei der Festlegung der BBG für das Jahr 2003 wurde jedoch von diesem tradiditionellen Prinzip abgewichen. Durch das Beitragssicherungsgesetz vom 23.12.2002 wurde vielmehr bestimmt, dass die Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2003 bei 5.100 Euro monatlich liegt. Bei regulärer Anpassung wäre die Grenze lediglich auf 4.600 Euro gestiegen.

Neuberechnung der Betriebsrente

Bei der Berechnung von Leistungen, die auf Zusagen mit gespaltener Rentenformel beruhen, würden bei Abstellen auf die tatsächliche BBG diejenigen Rentner erheblich benachteiligt, die nach dem 31.12.2002 die betriebliche Altersrente in Anspruch genommen haben. Der Grund hierfür liegt darin, dass der stärker berücksichtigte Gehaltsteil über der BBG übermäßig deutlich sank, wodurch auch die errechnete Betriebsrente entsprechend niedriger ausfallen würde. Dies sei bei Erteilung der Versorgungszusage nicht beabsichtigt gewesen, so das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 21.04.2009. Es bestünde eine planwidrige Regelungslücke, welche durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden müsse. Hierzu sei der Betrag um den sich die Beitragsbemessungsgrenze außerplanmäßig erhöht habe, also 500 Euro monatlich, von der jeweils gültigen BBG abzuziehen. Im Gegenzug müsse allerdings berücksichtigt werden, um welchen Betrag die gesetzliche Altersrente durch den BBG-Sprung gestiegen ist.

Tipp: Genaue Durchsicht der Versorgungsordnung

Ist eine Neuberechnung der betrieblichen Altersrente durchzuführen, hat dies in jedem Fall eine Erhöhung der Betriebsrente zur Folge. Betriebsrentner, die im Jahr 2003 oder später in Rente gegangen sind, sollten daher dringend prüfen, ob in dem  zugrunde liegenden Pensionsplan eine gespaltene Rentenformel bestimmt ist. Neben der höheren Betriebsrente für die Zukunft winkt auch eine Nachzahlung für die Vergangenheit – jedenfalls soweit die dreijährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

Achtung: Mittlerweile ist das BAG von seiner Rechtsprechung abgerückt. Siehe Nachtrag zum Artikel „bAV: Neues BAG-Urteil zu den Auswirkungen der außerplanmäßigen Erhöhung der BBG auf Zusagen mit gespaltener Rentenformel“.

Aufgrund des Zuflussprinzips und der Steuerprogression im deutschen Einkommenssteuerrecht können verspätete Rentenanpassungen für Betriebsrentner zu negativen Folgen in Form von Steuerschäden führen.

Steuerschäden wegen verspäteter Rentenanpassung sind vom Arbeitgeber zu ersetzen (BAG-Urteil vom 28.10.2008 – Az.: 3 AZR 171/07).

In dem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall sprach das Gericht einem Betriebsrentner, dessen Rentenanpassungen neun Jahre zu gering ausgefallen waren und dies dann durch eine Einmalzahlung kompensiert werden sollte, einen Schadensersatzanspruch gegen seinen früheren Arbeitgeber in Höhe seines steuerlichen Progressionsnachteils zu.

Laufende Betriebsrenten müssen gemäß § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz – BetrAVG) vom früheren Arbeitgeber grundsätzlich hinsichtlich ihrer Höhe überprüft werden (sog. Anpassungsprüfungspflicht). Hierbei sind die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Ergibt die Anpassungsprüfung, dass die laufende Betriebsrente zu erhöhen ist und leistet der Arbeitgeber die Erhöhungsbeträge erst im Folgejahr oder noch später, kann dem Rentner aufgrund der Steuerprogression ein Steuerschaden entstehen. Das BAG hat nun entschieden, dass ein solcher Steuerschaden vom früheren Arbeitgeber zu ersetzen ist.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg