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Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) hat der Arbeitnehmer die Elternzeit vom Arbeitgeber schriftlich zu verlangen und gleichzeitig zu erklären, für welche Zeiten er „innerhalb von zwei Jahren“ Elternzeit nehmen will. Diese Anforderung ist so zu verstehen, dass der Arbeitnehmer bei der ersten Inanspruchnahme mindestens den Zweijahreszeitraum abdecken muss. Das trägt dem Interesse des Arbeitgebers an Planungssicherheit Rechnung. Bleibt die mitgeteilte Elternzeit hinter 2 Jahren zurück, kann der Arbeitnehmer gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 eine Verlängerung der Elternzeit grundsätzlich nur mit Zustimmung des Arbeitgebers erreichen (vgl. hierzu auch den Beitrag „Verlängerung der Elternzeit – Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich“). Gegen den Willen des Arbeitgebers ist eine Verlängerung der Elternzeit bei der oben genannten Fallgestaltung nur möglich, „wenn ein vorgesehener Wechsel in der Anspruchsberechtigung aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann“, § 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG.

Arbeitgeber muss Entscheidung nach „billigem Ermessen“ treffen

In seinem Urteil vom 18.10.2011 (Az. 9 AZR 315/10) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass die Zustimmung des Arbeitgebers nicht in dessen freien Belieben steht. Vielmehr hat der Arbeitgeber entsprechend § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu entscheiden, ob er die zur Verlängerung der Elternzeit nach § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG erforderliche Zustimmung erteilt. Im Gesetz ist nicht bestimmt, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber die Zustimmung verweigern darf oder erteilen muss. In der Vorinstanz hatte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg daraus in seinem Urteil vom 14.10.2010 (Az. 10 Sa 59/09) geschlossen, dass der Arbeitgeber bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs in seiner Entscheidung frei sei, ob er der Verlängerung zustimme. Dieser Auffassung widersprach der 9. Senat des BAG. Wenn ein Gesetz die im Interesse der Eltern notwendige Flexibilisierung der Elternzeit im Einzelfall von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig macht, dürfe ohne konkrete Anhaltspunkte im Wortlaut des Gesetzes nicht angenommen werden, die Entscheidung über die Zustimmung stehe im freien Belieben des Arbeitgebers. Aus der Gesetzesbegründung folge zudem, dass der Gesetzgeber mit dem Zustimmungserfordernis lediglich deutlich machen wollte, es solle kein einseitiger Anspruch auf Verlängerung bestehen. Die berechtigten Interessen des Arbeitgebers, seine für die in Anspruch genommene Elternzeit getroffenen Dispositionen aufrecht erhalten zu können, sollen einem vorbehaltlosen Rechtsanspruch entgegenstehen. Damit werde deutlich, dass es dem Gesetzgeber darauf ankam, mit dem Zustimmungserfordernis einen Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gewährleisten. Dieser werde nur bei entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 315 Abs. 1 BGB ermöglicht. Danach solle der Arbeitgeber durch die Ausübung der ihm vorbehaltenen Zustimmung nach billigem Ermessen darüber entscheiden können, ob die Elternzeit verlängert wird oder nicht.

Empfehlung

Arbeitnehmer, die sich zunächst auf eine Elternzeit von unter 2 Jahren festgelegt haben und die Elternzeit nachträglich verlängern wollen, sollten zunächst prüfen, ob eine Verlängerung ohne Zustimmung des Arbeitgebers gemäß § 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG verlangt werden kann. Das ist der Fall, wenn die anspruchsberechtigten Eltern einen gegenseitigen Wechsel in den Elternzeiten vorgesehen hatten, der sich plötzlich nicht mehr verwirklichen lässt. Ist ein Fall des § 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG nicht gegeben und versagt der Arbeitgeber berechtigterweise seine Zustimmung, kommt der Arbeitnehmer bei Nichtaufnahme der Tätigkeit nach Ablauf der ursprünglichen Elternzeit in Schuldnerverzug. Er genießt zudem nicht länger den besonderen Kündigungsschutz des § 18 BEEG. Hat der Arbeitgeber dagegen seine Zustimmung ermessensfehlerhaft verweigert, kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch vor dem zuständigen Arbeitsgericht geltend machen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass nicht die Feststellung verlangt werden kann, dass dem Arbeitnehmer über den ursprünglich bestimmten Zeitpunkt hinaus Elternzeit zustehe. Richtig ist es vielmehr, beim Arbeitsgericht zu beantragen, den Arbeitgeber zu verurteilen, die Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit zu erklären.

Wenn Sie Fragen zur Elternzeit haben, rufen Sie uns an oder schreiben uns eine E-Mail. Wir beraten Sie gerne.

 

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestimmt die Zulässigkeit von Fragen an Bewerber durch Abwägung zwischen dem berechtigten, billigenswerten und schutzwürdigen Interesse des Arbeitgebers einerseits und dem Interesse des Arbeitnehmers am Schutz seines Persönlichkeitsrechtes und an der Unverletzbarkeit seiner Individualsphäre andererseits (BAG-Urteil vom 07.06.1984, NZA 1985, 57). Für die Zulässigkeit ist es erforderlich, dass die an den Bewerber gestellte Frage in einem sachlichen und inneren Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz steht und deren Beantwortung für den Arbeitsplatz und die zu verrichtende Tätigkeit selbst von Bedeutung ist.

Anforderung von Unterlagen

Oftmals reicht die Beantwortung der Fragen für die Befriedigung des Informationsinteresses des Arbeitgebers nicht aus. Er möchte die Aussagen des Bewerbers vielmehr anhand von geeigneten Dokumenten nachgewiesen haben. Für Informationen über die wirtschaftliche und finanzielle Situation des Bewerbers eignet sich  aus Sicht des Arbeitgebers eine sog. SCHUFA-Auskunft, für in der Vergangenheit begangene Straftaten ein polizeiliches Führungszeugnis.

Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses

Hinsichtlich des Fragerechts nach Vorstrafen hält das BAG nur solche Fragen für zulässig, die für die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes von Bedeutung sind (Urteil vom 20.05.1999, NZA 1999, 975). So ist z.B. die Frage nach Verkehrsdelikten bei Bewerbern für eine Kraftfahrertätigkeit zulässig, bei Bewerbern für eine Sekretariatsstelle hingegen nicht.

Bei Übertragung der Rechtsprechung des BAG auf die Frage, ob der Arbeitgeber vom Bewerber die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses verlangen kann, gelangt man zu dem Ergebnis, dass dies unzulässig ist. Grund hierfür ist, dass in dem polizeilichen Führungszeugnis sämtliche Strafen aufgeführt sind, also auch solche, die zum Arbeitsverhältnis keinen konkreten Bezug aufweisen.

Vorlage einer SCHUFA-Auskunft

Ähnlich verhält es sich bei der Frage der Zulässigkeit, sich als Arbeitgeber vom Arbeitnehmer eine SCHUFA-Auskunft vorlegen zu lassen. Zwar ist es zulässig, bei Bewerbern, die sich für eine Tätigkeit mit besonderer Vertrauensstellung bewerben, nach den wirtschaftlichen Verhältnissen zu fragen. Der standartisierte Inhalt der SCHUFA-Auskunft geht jedoch über die wirtschaftlich relevanten Informationen hinaus. Die SCHUFA-Auskunft enthält Informationen, die für den Arbeitgeber ohne Relevanz sind und den Bewerber faktisch zwingen, seine privaten Lebensumstände offen zu legen. So enthält eine SCHUFA-Auskunft z.B. auch Informationen über private Finanzierungsgeschäfte.

Praxishinweis

Unter Berücksichtigung der Rechtssprechung des BAG ist es grundsätzlich unzulässig, sich von Bewerbern ein polizeiliches Führungszeugnis oder eine SCHUFA-Auskunft vorlegen zu lassen. Einige Rechtsanwälte halten die Anforderung derartiger Unterlagen jedoch für rechtlich möglich, wenn bei dem Bewerber ein echtes schutzwürdiges Informationsinteresse besteht und sicher gestellt ist, dass nur ein festgelegter, sehr kleiner Personenkreis (möglichst nur 2 Personen) Einblick in das Führungszeugnis bzw. die SCHUFA-Auskunft nehmen kann.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

In seinem Urteil vom 25.01.2011 (Az. 21 Ca 235/08) hat die 21. Kammer des Arbeitgerichts Hamburg entschieden, dass eine dem Arbeitsvertrag zugrunde liegende tarifvertragliche Altersbegrenzungsklausel unwirksam sei, weil sie gegen den in Art. 3 des Grundgesetzes verankerten Gleichheitsgrundsatz verstoße. Dem Urteil vorausgegangen war eine Vorabentscheidung durch den EuGH, nach der die Altersbegrenzungsklausel zumindest nicht gegen europäische Bestimmungen zur Altersdiskriminierung verstößt.

Ablauf des Arbeitsvertrages bei Vollendung des 65. Lebensjahres

Geklagt hatte eine im Rahmen eines sog. Minijobs bei einer Gebäudereinigungsfirma beschäftigte Raumpflegerin. Ihr wurde am 14.05.2008 von ihrer Arbeitgeberin mitgeteilt, dass ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats ende. Hiermit war die Klägerin, die im Mai 2008 65 Jahre alt wurde, nicht einverstanden. Mit ihrer Klage vor dem Arbeitsgericht Hamburg begehrte die Klägerin festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mit Ablauf des 31.05.2008 beendet worden ist, sondern unverändert fortbesteht (sog. Befristungskontrollklage, auch Entfristungsklage genannt).

Die Beklagte begründet die Beendigung der Beschäftigung in ihrer Klageerwiderung mit einer Bestimmung im Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung (RTV). Zwar war die Klägerin nicht Mitglied in der tarifschließenden Gewerkschaft. In ihrem Arbeitsvertrag wurde jedoch durch eine dynamische Verweisungsklausel auf die für das Gebäudereiniger-Handwerk geltenden Tarifverträge Bezug genommen. In dem einschlägigen § 19 RTV heißt es:

„Sofern einzelvertraglich nichts anderes vereinbart ist, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der/die Beschäftigte Anspruch auf eine Rente wegen Alters hat, […] spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der/die Beschäftigte das 65. Lebensjahr vollendet hat.“

Vorabentscheidung durch den EuGH

Das Arbeitsgericht fragte in einem Vorabentscheidungsersuchen vom 21.09.2009 den EuGH, ob § 19 RTV gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf verstoße. Dies verneinte der EuGH in seinem  Urteil vom 12.10.2010. Dennoch entschied das Arbeitsgericht Hamburg am 25.01.2011, dass die tarifliche Altersbegrenzungsklausel unwirksam sei. Es liege nämlich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.

Der Gleichheitsgrundsatz gemäß Art 3 Abs. 1 Grundgesetz

Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es, dass eine Begünstigung einem bestimmten Personenkreis gewährt wird und einem anderen nicht. Gemäß dem Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg ist die von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Gruppenbildung (Arbeitnehmer bis 65 und Arbeitnehmer ab 65) unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 1 GG nicht haltbar. § 19 RTV führe zu einer Ungleichbehandlung, weil die Arbeitsverhältnisse mit 65-jährigen Arbeitnehmern ohne Vorliegen eines Kündigungsgrundes automatisch beendet würden und dadurch bei Erreichen des 65. Lebensjahres der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz entzogen würde. § 19 RTV stellt eine sog. Stichtagsregelung dar. Zwar können Stichtagsregelungen zulässig sein. Die Wahl des Stichtages muss sich allerdings am gegebenen Sachverhalt orientieren und die Interessenlage der Betroffenen angemessen erfassen.

Mittelbare Frauendiskriminierung

Als weiteren Aspekt führte das Arbeitsgericht Hamburg an, dass § 19 RTV Frauen mittelbar diskriminiere. Eine mittelbare Diskriminierung ist anzunehmen, wenn eine Regelung günstigere oder nachteilige Rechtsfolgen von Merkmalen abhängig macht, die Angehörige einer geschützten Gruppen signifikant leichter oder schwerer erfüllen können mit der Folge, dass sie von Vor- oder Nachteilen unverhältnismäßig häufiger betroffen sind. Im vorliegenden Fall ist die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern bis 65 und Arbeitnehmer ab 65 geschlechtsneutral formuliert. Nach Auffassung der 21. Kammer des Arbeitsgerichts Hamburg wirke sie sich jedoch geschlechtsspezifisch aus, weil im Gebäudereinigungsgewerbe überdurchschnittlich viele Frauen und überdurchschnittlich viele Teilzeitkräfte (insbesondere im Rahmen von Minijobs) beschäftigt seien. Damit lägen die Voraussetzungen für eine mittelbare Diskriminierung von Frauen vor.

Keine Rechtfertigungsgründe

Nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg ist die Ungleichbehandlung nicht hinreichend gerechtfertigt. § 19 RTV stelle sich nicht als angemessen, nicht als geeignet, nicht als notwendig oder gar zwingend erforderlich und durch nicht auf das Geschlecht bezogene sachliche Gründe gerechtfertigt dar. Ein objektives und nicht mit dem Geschlecht zusammenhängendes Bedürfnis für die Bildung der beiden Gruppen sei nicht zu erkennen, so die Hamburger Richter. Der Umstand, dass § 19 RTV Teil eines Kollektivvertrages ist und die Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien zu respektieren ist, ändere daran nichts.

Fazit

Ob das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg „hält“, ist ungewiss. Nach dem Urteil des EuGH vom 12.10.2010 schien eine gewisse Rechtssicherheit zu bestehen hinsichtlich der Wirksamkeit von Altersgrenzenregelungen, die auf die Regelaltersgrenze abstellen. Nun werden sich das Landesarbeitsgericht, wahrscheinlich das BAG und möglicherweise sogar das Bundesverfassungsgericht mit der Frage beschäftigen müssen.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

Die Befristung von Arbeitsverträgen ist grundsätzlich zulässig – ohne besondere Rechtfertigung jedoch nur bis zur Dauer von zwei Jahren. Für eine länger andauernde Befristung ist gemäß § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ein sachlicher Grund erforderlich. In § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG sind verschiedene mögliche Sachgründe aufgezählt. Gemäß Ziffer 7 der Vorschrift liegt ein sachlicher Grund dann vor, wenn „der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind und er entsprechend beschäftigt wird“.

Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit europäischem Unionsrecht und hat daher den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Vorabentscheidung über diese Frage ersucht (BAG 27.10.2010 – 7 AZR 485/09 (A)).

Arbeitnehmerin hatte Entfristungsklage eingelegt

Das BAG hatte über eine sog. Befristungskontrollklage (auch Entfristungsklage genannt) zu entscheiden. Die Klägerin war bei dem beklagten Land in der Zeit von Juli 1996 bis Dezember 2006 als Justizangestellte beschäftigt, jeweils auf Grundlage von (insgesamt 13) befristeten Arbeitsverträgen. Maßgeblich für das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG ist stets der zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag. Das beklagte Land berief sich darauf, dass der Haushaltplan vorsah, dass für das Jahr 2006 vorübergehend frei werdende Haushaltsmittel für die Beschäftigung von Aushilfskräften in Anspruch genommen werden können.

EU-Richtlinie: Missbräuchliche Kettenbefristungen sind zu vermeiden

Nach § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 sind die Mitgliedsstaaten der EU verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge zu vermeiden. Mit dieser grundsätzlichen Verpflichtung könnte § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes unvereinbar sein, weil der sachliche Grund in Ziffer 7 nur dem öffentlichen Dienst offen steht. In der Privatwirtschaft dagegen ist die Regelung nicht anwendbar. In der Vergangenheit hielt das BAG die Bevorzugung öffentlicher Arbeitgeber gerechtfertigt, weil diese anders als private Arbeitgeber nur Verpflichtungen eingehen dürfen, die haushaltsrechtlich gedeckt sind  (BAG, Urteil vom 14.02.2007 – 7 AZR 193/06). Dem höchsten deutschen Arbeitsgericht sind nun aber offenbar Zweifel gekommen, ob aufgrund der oben genannten Richtlinie die Auffassung noch weiter Bestand haben soll.

Bereits jetzt restriktive Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 7 TzBfG

Der in § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 7 genannte sachliche Grund wird bereits jetzt vom BAG sehr restriktiv angewendet. So hält es das BAG zum Beispiel für erforderlich,  dass die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für die befristete Beschäftigung mit einer erkennbaren Zwecksetzung für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer gegeben ist (BAG 2. 9. 2009 – 7 AZR 162/08).

Wichtig: 3-wöchige Klagefrist

Für viele Arbeitnehmer deren aus haushaltsrechtlichen Gründen befristete Arbeitsverträge auslaufen, kann es ratsam sein, eine Entfristungsklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht zu erheben. Die Arbeitsgerichte werden eine solche Klage derzeit grundsätzlich nicht sofort abweisen. Liegen nämlich die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG nicht vor, ist der Klage stattzugeben (d.h., das Gericht stellt fest, dass der Arbeitsvertrag über das Fristende hinaus fortbesteht), liegen sie dagegen vor, wird das Gericht das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH auszusetzen. Betroffene Arbeitnehmer müssen jedoch schnell entscheiden, ob sie Klage erheben wollen. Gemäß § 17 TzBfG gilt die Befristung nämlich als zulässig, wenn nicht innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage erhoben worden ist.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

Gemäß § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Frist bis zum 31.03. des Folgejahres   verlängert werden. Urlaub, der bis dahin vom Arbeitnehmer nicht genommen wurde, entfällt und kann  auch nicht mehr in Geld abgegolten werden.

LAG Düsseldorf: Keine zwingende Befristung des Urlaubsanspruchs

Diese Regelung widerspreche europarechtlichen Bestimmungen und sei daher nicht anzuwenden, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 31.03.2010 (12 Sa 1512/09). Vielmehr bestehe der Urlaubsanspruch über das Ende des Kalenderjahres bzw. dem Übertragungszeitraum hinaus fort – und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer den Urlaub aufgrund von Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnte. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden, sei der Urlaub in Geld abzugelten, so die Düsseldorfer Arbeitsrichter.

Begründet wird die Entscheidung mit der Richtlinie 2003/88/EG und den darauf basierenden Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10.09.2009 (C-277/08, Vicente Pereda) und vom 20.01.2009 (C-350/06, Schultz-Hoff). Nach diesen Urteilen entfällt der Urlaubsanspruch entgegen § 7 Abs. 3 BUrlG am Ende des Kalenderjahres bzw. am Ende des darauf folgenden Quartals nicht, sofern der Arbeitnehmer den Urlaub aufgrund von Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnte. Das LAG Düsseldorf vertritt in seiner Entscheidung vom 31.03.2010 die Auffassung, der Urlaubsanspruch bestehe auch dann weiter fort, wenn der Arbeitnehmer nicht arbeitunfähig war.

129.686 Euro für 127 nicht genommene Urlaubstage

In dem der Entscheidung des LAG Düsseldorf zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Kläger im Zeitraum September 2002 bis August 2008 keinen Erholungsurlaub in Anspruch genommen. Als Abgeltung für diese insgesamt 127 nicht genommenen Urlaubstage verlangte er von seinem ehemaligen Arbeitgeber einen Betrag in Höhe von 129.686 Euro brutto. Im Arbeitsvertrag der Parteien war vereinbart, dass der Urlaubsanspruch des Klägers so festzulegen ist, dass die Belange der Gesellschaft nicht beeinträchtigt werden. Zudem war arbeitsvertraglich bestimmt, dass nicht genommener Urlaub auf Folgejahre übertragen werden kann.

Das LAG Düsseldorf begründetet seine Entscheidung damit, dass der Anspruch jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Europäischen Union sei. Nach dem sog. Grundsatz der Effektivität dürfe dem Arbeitnehmer die Ausübung dieses Anspruchs nicht faktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden.

Der im Rechtsstreit unterlegene Arbeitgeber hat zwischenzeitlich Revision beim Bundesarbeitsgericht (Az. 9 AZR 30/10) eingelegt. Sollten die Erfurter Richter die Europarechtswidrigkeit der Urlaubsanspruchsbefristung bestätigen, würden auf die Deutschen Arbeitgeber erhebliche Kosten zukommen.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

Die Äußerung „Klei mi ann Mors“ gegenüber seiner Vorgesetzten führte bei einem 42-jährigen Sachbearbeiter zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Hiergegen wandte sich der seit knapp 10 Jahren bei dem Unternehmen beschäftigte Mitarbeiter und erhob Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Hamburg. Die Hamburger Richter gaben dem Kläger recht und erklärten die Kündigung für unwirksam.

Äußerung gegenüber Vorgesetzten: „Klei mi ann Mors“

In einem Gespräch zwischen dem Kläger und seiner Vorgesetzten über die Gewährung von Urlaub kam es zu einer Meinungsverschiedenheit. Die Atmosphäre und der Tonfall verschärften sich. Der Kläger sagte schließlich zu seiner Vorgesetzten „Klei mi ann Mors“. Dies sah die beklagte Arbeitgeberin als eine grobe Beleidigung und kündigte dem Kläger fristlos. Sie meinte, dass es sich um das Götz-Zitat („Leck mich am Arsch“) handele. Dass der Kläger dies auf Plattdeutsch gesagt habe, mildere die Beleidigung nicht. Entscheidend sei, dass er in beleidigender Weise zum Ausdruck gebracht habe, dass ihm die Arbeit, die Kollegen und insbesondere die Vorgesetzte nicht interessieren und ihm mehr als nur egal seien.

Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Hamburg eingereicht

In seiner Klage vor dem Arbeitsgericht Hamburg verwies der Kläger dagegen darauf, dass die Beklagte hätte abmahnen können. Er räumte zwar ein, dass er sich nicht korrekt verhalten habe, machte aber geltend, dass er sich entschuldigt habe und es in der Vergangenheit keinerlei Vorkommnisse gegeben hätte, die nahe legen würden, dass er sich diese Abmahnung nicht zu Herzen genommen hätte. Sein Interesse an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses überwiege.

Arbeitsgericht Hamburg: Kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB

In seinem Urteil vom 12.05.2009 (21 Ca 490/08) schloss sich das Arbeitgericht Hamburg der Auffassung des Klägers grundsätzlich an. Die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gegeben sei. Der Kläger habe sich gegenüber seiner Vorgesetzten zwar nicht richtig verhalten, indem er ihr gegenüber erklärte: „Klei mi ann Mors“. Dies sei plattdeutsch und bedeute auf Hochdeutsch: „Kratz mich am Hintern“. Die Beklagte irre folglich, wenn sie meint, dass „Klei mi ann Mors“ mit: Leck mich am Arsch zu übersetzen sei. Gleichwohl ist die Äußerung des Klägers ungehörig, denn sie sei unhöflich. Ein solcher Ton verbiete sich gegenüber einer Vorgesetzten, zumal wenn es sich um eine Frau handelt. Dass das Gewicht dieser Unhöflichkeit jedoch einer schweren Vertragsverletzung gleichkommen würde, die „an sich“ geeignet ist, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB darzustellen, erscheine ausgesprochen zweifelhaft. Rechtlich maßgebend sei nicht die subjektive Bewertung der Vorgesetzten, es finde vielmehr eine verobjektivierte Betrachtung statt.

Jedenfalls wäre Abmahnung erforderlich gewesen

Aber selbst wenn ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB angenommen werde könnte, würde für die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung eine einschlägige Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung erforderlich sein, so die Arbeitrichter aus der Hansestadt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist grundsätzlich ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis wegen eines nicht vertragsgerechten Verhaltens fristlos oder fristgemäß gekündigt werden soll, zunächst abzumahnen Dieses Erfordernis leitet sich aus dem dem Kündigungsschutzrecht inne wohnenden Verhältnismäßigkeitsprinzip her. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liege nicht vor, so das Arbeitsgericht Hamburg.

Keine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats

Darüber hinaus war die Kündigung rechtsunwirksam, weil der Betriebsrat nicht korrekt gemäß § 102 BetrVG vor Ausspruch der Kündigung unterrichtet worden sei. Denn zu einer ordnungsgemäßen Unterrichtung gehöre, dass die Person des Arbeitnehmers mit den grundlegenden sozialen Daten bezeichnet werde. Dazu zählten das Alter, der Familienstand, die Kinderzahl, sonstige Unterhaltspflichten, die Beschäftigungsdauer sowie ggf. die Umstände, die geeignet sind, einen besonderen Kündigungsschutz zu begründen. Das Arbeitsgericht ist der Meinung, dem sei die Beklagte nicht ausreichend nachgekommen, weil sie dem Unterrichtungsschreiben an den Betriebsrat nicht mitteilte, dass der Kläger einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet ist. Dies sei aber eine für die Interessenabwägung wichtige Information, die nicht hätte unterbleiben dürfen.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

Arbeitsvertragliche Klauseln, die eine pauschale Vergütung sämtlicher Überstunden mit dem Festgehalt vorsehen, sind in der Regel unwirksam. Dies hat zuletzt das LAG Düsseldorf in seinem Urteil vom 11.07.2008 (Az. 9 Sa 1958/07) entschieden. Folge der Unwirksamkeit ist, dass der Arbeitnehmer für jede geleistete Überstunde einen Vergütungsanspruch hat.

Um eine erhebliche Beeinträchtigung des Äquivalenzverhältnisses und damit eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu vermeiden, sollte die Zahl der abzugeltenen Überstunden daher vertraglich beschränkt werden. Ohne Begrenzung der Anordnung der Überstunden wird dem Arbeitgeber das Recht zum einseitigen Einbruch in das Gegenseitigkeitsverhältnis eröffnet (LAG Hamm, 11.7.2007). Ferner ist das Transparenzgebot verletzt, wenn der Arbeitnehmer nicht erkennen kann, in welcher Höhe ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung besteht.

Für eine wirksame Regelung erforderlich ist es, dass die Pauschalabgeltung in angemessenem Verhältnis zu den tatsächlich geleisteten Überstunden steht. Uneinig ist sich die Fachwelt über die Anzahl der Überstunden, die mit dem regulären Gehalt mit abgegolten werden können. Vertreten wird hier eine Bandbreite zwischen einer Überstunde pro Woche und 25% der regelmäßigen Arbeitszeit. Rechtsprechung gibt es hinsichtlich der konkreten Überstundenzahl leider noch nicht. Bei einer Vereinbarung, wonach Überstunden in Höhe von 10% der regelmäßigen Arbeitszeit mit der regulären Vergütung mit abgegolten sind (dies sind bei einer 40 Stunden-Woche etwa 17 bis 18 Überstunden im Monat), dürfte die Wahrscheinlichkeit der Wirksamkeit aber recht hoch sein.

Jan Zülch, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg