Ende 2010 begann die Wettbewerbszentrale verschiedene Versand-Apotheken abzumahnen. Es wurde beanstandet, dass die Apotheken dem eigenen Preis den „AVP“ (Apotheken-Verkaufspreis) gegenüber stellten. Es wurden sowohl Fälle angegriffen, in denen die Preisdifferenz beworben wurde, als auch Fälle, in denen die Preisdifferenz in Prozent ausgedrückt wurde. Dabei hatten die Apotheken sich sogar die Mühe gemacht, in der Nähe der Angebote zu erklären, was der „AVP“ ist. Da die Apotheken sich diese Art der Werbung nicht nehmen lassen wollten, zog die Wettbewerbszentrale vor Gericht. In der Zwischenzeit sind verschiedene Urteilen zu dieser Problematik ergangen. Teilweise kann man den Urteilen entnehmen, in welche Richtung Apotheker denken müssen, um in der Werbung den eigenen Preisen den „AVP“ gegenüberzustellen.
Das Verständnis des Kunden entscheidet
Ob Werbung wettbewerbswidrig ist oder nicht, darüber entscheidet immer derjenige, an den sich die Werbung richtet. Dies ist bei der Werbung durch Apotheken der Verbraucher, denn er soll mit der Werbung erreicht werden. Abzustellen ist dabei auf den „durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher“. Was aber weiß ein solcher Verbraucher? Ist ihm bekannt, wofür „AVP“ steht? Und falls er das weiß, ist ihm auch bekannt, wie der „unverbindliche Apotheken-Verkaufspreis“ entsteht und für wen er gilt? Durchweg haben die Gerichte alle diese Fragen mit „Nein“ entschieden. Sie gehen zwar nicht davon aus, dass der Verbraucher „AVP“ mit „UVP“ verwechselt. Die Verbraucher würden aber die Ähnlichkeit zwischen den beiden Bezeichnungen erkennen und daher auch bei „AVP“ von einer Preisvorgabe des Herstellers für den Verkauf an den Verbraucher ausgehen. Darum handelt es sich bei den AVP tatsächlich aber nicht. Insofern ergibt sich aus der Werbung nicht eindeutig, worum es sich bei dem Vergleichspreis „AVP“ handelt.
Generell: Gegenüberstellung von eigenem Preis und AVP gestattet
Das bedeutet aber nicht, dass die Gerichte die Gegenüberstellung des eigenen Preises und des AVP in der Werbung generell untersagen. Zwar hatte die Wettbewerbszentrale vor dem Kammergericht in Berlin einen entsprechenden Antrag gestellt. Aus dem Urteil ergibt sich jedoch, dass das Gericht in der mündlichen Verhandlung die Meinung geäußert hat, dass diese Art der Werbung generell nicht untersagt werden kann (KG, Urteil vom 17.01.2014 – Az.: 5 U 89/13, PharmR, 2014, 118). Auch das OLG Frankfurt nahm in sein Urteil auf, dass die Entscheidung nicht bedeuten würde, „dass Apotheker mit einer Abweichung vom einheitlichen Abgabepreis grundsätzlich nicht werben dürften“. Das Gericht machte aber deutlich, dass der Apotheker darüber aufklären müsse, dass es sich „bei dem Bezugspreis um den für die Apotheke für rezeptfreie Medikamente verbindlichen Festpreis für die Abrechnung gegenüber Krankenkassen handelt“ (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.03.2014, Az.: 6 U 237/12).
Insofern stellt sich die Frage, welche Angaben ausreichen, um diese Vorgabe des OLG Frankfurt zu erfüllen.
Diese Angaben reichen nicht
Folgende Angaben wurden von den angegriffenen Apotheken verwendet und von den Gerichten als nicht ausreichend angesehen, um den Begriff „AVP“ zu erklären:
- Im Sternchenhinweis: „*unverbindlicher Apotheken-Verkaufspreis des Herstellers nach Lauertaxe“ (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.03.2014, Az.: 6 U 237/12).
- Die Angabe im Zusammenhang mit den Preisen: „AVP = Preisangabe entspricht Apothekenverkaufspreis (AVP) (Quelle ABDAArtikelstamm)“ und einer ausführlichen Erklärung, was der AVP ist (KG, Urteil vom 17.01.2014 – Az.: 5 U 89/13, PharmR, 2014, 118).
- Der Hinweis zum Vergleichspreis: „Preis nach ABDA“ (OLG Stuttgart, Urteil vom 14. November 2013, Az.: 2 U 182/12)
- In der Fußnote: „Apothekenverkaufspreis (Quelle: ABDA-Artikelstamm)“ und die Erklärung, was der ABDA-Artikelstamm ist: „Was ist der ABDA-Artikelstamm? Der ABDA-Artikelstamm beinhaltet alle für die Abgabe und Abrechnung von Arzneimitteln und anderen Artikeln des apothekenüblichen Sortiments erforderlichen Informationen. Die Daten basieren auf Meldungen der Anbieter gegenüber der IFA GmbH (Informationsstelle für Arzneispezialitäten GmbH)“.
Wie können die Preise dann gegenübergestellt werden?
Dem Apotheker stehen bei der Werbung eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, um seine Produkte zu bewerben. Die Werbung mit Preisen scheint dabei nach wie vor sinnvoll zu sein, um den Verbraucher für das eigene Angebot zu gewinnen. Wenn man mit einer Preisdifferenz werben will, die die Differenz zwischen dem AVP und dem Verkaufspreis darstellt, dann ist es – so die bisherige Rechtsprechung – zwingend erforderlich, dass man dem Verbraucher erläutert, was „AVP“ bedeutet. Den Entscheidungen kann entnommen werden, dass man als werbender Apotheker davon ausgehen muss, dass der Verbraucher die Bedeutung der Abkürzung „AVP“ nicht kennt. Deshalb muss ihm erklärt werden, um was für einen Preis es sich dabei handelt. Diese Erklärung muss in einfachen Worten erfolgen. Denn die Entscheidungen der Gerichte zeigen, dass der Verbraucher die Fachbegriffe (wie z.B. Lauertaxe) der Branche nicht kennt.
Sich bei der Formulierung allein auf das Urteil des LG Braunschweig (Urteil vom 07.11.2013 – 22 O 1125/13) zu stützen, dürfte wenig erfolgversprechend sein. Mit Hinsicht auf die anderen vorgestellten Entscheidungen dürfte es sich hierbei um eine Einzelfallentscheidung handeln. Damit bleibt nicht nur das Risiko, dass die Berufungsinstanz eine andere Einschätzung hat, sondern vor allem das Risiko, dass der Kläger gegen die Werbung vor einem anderen Gericht klagt.
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heldt zülch und partner, Rechtsanwälte in Hamburg und Lüneburg