Für viele rechtskräftig Geschiedene stellt sich die Frage, ob die Einführung der Mütterrente Bedeutung für bereits durchgeführte Versorgungsausgleichsverfahren hat.

Die Voraussetzungen einer nachträglichen Änderung des Versorgungsausgleichs richten sich nach den §§ 225 ff FamFG sowie den Vorschriften des Versorgungsausgleichsgesetz.

Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse

Zunächst muss hierfür eine Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse eingetreten sein –  durch die Änderung der Rentenhöhe von Müttern ist eine Änderung der Verhältnisse eingetreten.

Diese Änderung müsste wesentlich sein. Eine wesentliche Änderung wird angenommen, wenn der bisherige Ausgleichswert sich um mindestens 5 % von dem nunmehr zu Grunde zu legenden Ausgleichswert unterscheidet. Bei Ausgleich einer Bezugsgröße muss diese sich um 1 Prozent von der berichtigten Bezugsgröße unterscheiden. Zusätzlich muss die Veränderung des Ausgleichswerts 120% der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB VI erreichen. Diese Grenze wird grundsätzlich erst erreicht, wenn mindestens für zwei vor dem 01.01.1992 geborene Kinder erstmals Mütterrente angerechnet wird. Eine erhebliche rechtliche Änderung hat sich durch die Änderung des Versorgungsausgleichsverfahrens zum 01.09.2009 ergeben, auch bei einer vor diesem Stichtag beantragten Ehescheidung ist der Versorgungsausgleich daher meistens abänderbar.

Zeitlich kann die Abänderung frühestens 6 Monate vor Renteneintritt des Ehegatten beantragt werden, der die Rente bezieht oder aus dem Ausgleich begünstigt werden könnte.

Die Abänderung bewirkt nicht nur den neuen Einbezug des geänderten Rechts in den Versorgungsausgleich, sondern die vollständige Überprüfung der ersten Versorgungsausgleichsentscheidung nach aktuellem Recht. Dies kann zu dem Ergebnis führen, dass sich das Abänderungsverfahren für die vermeintlich Benachteiligten des Verfahrens aufgrund der Einführung der Mütterrente günstig auswirkt:

Insbesondere wegen der Gesetzesänderung zum 01.09.2009 und der dabei abgeschafften Umrechnung der jeweiligen Versorgungsanwartschaften in Entgeltpunkte der gesetzlichen Rentenversicherung kann sich eine erhebliche Veränderung der ausgeglichenen Werte und damit ein erheblicher Unterschied zur ersten Entscheidung ergeben. Vor der Reform 2009 wurden beispielsweise die Anwartschaftsrechte in der betrieblichen Altersversorgung in Entgeltpunkte umgerechnet, um sie mit den Anwartschaften der gesetzlichen Versorgung vergleichbar zu machen. Die Umrechnung erfolgte nach einer gesetzlich vorgeschriebenen Bewertung, bei der die gesetzliche Rentenversicherung grundsätzlich besser bewertet wurde und die betrieblichen Versorgungen erheblich entwertet wurden. Da nach der Reform keine Umrechnung mehr notwendig ist, unterbleibt diese Entwertung seither. Wenn also neben der Neuberücksichtigung der Mütterrente von Seiten der geschiedenen Ehefrau an den geschiedenen Ehemann auch Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung des geschiedenen Ehemannes an die geschiedene Ehefrau neu bewertet und ausgeglichen werden, kann allein durch die Änderung der Bewertung die Abänderung wirtschaftlich neutral bzw. unvorteilhaft sein. In diesem Falle empfehlt sich die Beantragung der Abänderung durch die geschiedene Ehefrau. Eine Abänderung lediglich aufgrund der Änderung der Bewertung der Betriebsrente ist bei Vorliegen einer wesentlichen Änderung ebenfalls möglich – ist allerdings nur ein Teil ausgeglichen worden, während der Rest dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten blieb, so ist die Abänderung nicht möglich. In diesem Fall ist der schuldrechtliche Ausgleich durchzuführen, bei dem die geänderte Bewertung ebenfalls berücksichtigt wird.

Es empfiehlt sich daher in jedem Fall vor Beantragung der Altersrente den durchgeführten Versorgungsausgleich auf wesentliche nachträgliche Änderungen prüfen zu lassen und – vor einem Antrag auf Abänderung – den gesamten Versorgungsausgleich nach aktuellem Recht berechnen zu lassen.

Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass ausgelassene oder vergessene Anrechte über die Abänderung nicht nachträglich dem Ausgleich zugeführt werden können: die Abänderung erfasst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2013, 1548) nur die Anrechte, die bereits im ersten Ausgleichsverfahren berücksichtigt wurden.

 

Benötigen Sie für die Beurteilung der Abänderbarkeit und deren Wirtschaftlichkeit Unterstützung, beraten wir Sie gerne. Wir benötigen hierfür eine Kopie des ersten Scheidungsbeschlusses oder Scheidungsurteils mit Versorgungsausgleichsentscheidung  und Gründen.

 

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