Die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses durch den Ausbilder:
Für den Ausbildungsbetrieb ist die Möglichkeit, einen Ausbildungsvertrag vor Beendigung der Ausbildung zu beenden, an strenge Voraussetzungen geknüpft. Diese werden zum einen durch das Berufsbildungsgesetz (dort insbesondere § 22 BBiG), zum anderen durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte gebildet und sind je nach Stand der Ausbildung unterschiedlich:
Kündigung vor Beginn der Ausbildung
Da es für diesen Fall keine besondere gesetzliche Regelung gibt, hängt die Wirksamkeit der Kündigung entscheidend von den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag ab. Grundsätzlich ist die Kündigung vor Beginn der Ausbildung für beide Seiten ohne Einhaltung einer Frist und ohne Verpflichtung zum Schadensersatz möglich.
Kündigung während der Probezeit
Die Dauer der Probezeit ist vertraglich zu vereinbaren. § 20 BBiG sieht vor, dass sie mindestens einen Monat und höchsten vier Monate lang sein darf. Die Probezeit ist dafür gedacht, das Ausbildungsverhältnis zu erproben. Während der Probezeit können beide Parteien den Ausbildungsvertrag ohne Einhaltung einer Frist und insbesondere auch ohne besonderen Kündigungsgrund jederzeit kündigen. Entscheidend ist hierfür der Zugang der schriftlichen Kündigung an den Empfänger innerhalb der Probezeit. Bei minderjährigen Auszubildenden ist zu beachten, dass die Kündigung dem gesetzlichen Vertreter zugehen muss. Zu beachten sind zudem die besonderen gesetzlichen Kündigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz etc.
Eine Verpflichtung zum Schadensersatz ist bei der Kündigung während der Probezeit ebenfalls nicht vorgesehen.
Kündigung nach der Probezeit
Die Kündigung nach Ablauf der Probezeit ist gemäß § 22 BBiG für den Ausbildungsbetrieb nur noch aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich.
Hierbei sind zunächst die üblichen Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung einzuhalten:
- Die Kündigung muss schriftlich unter Angabe des Kündigungsgrundes erfolgen
- Der Ausbildungsbetrieb muss innerhalb von maximal zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrundes die Kündigung aussprechen
- Der Betriebsrat (sofern vorhanden) muss vorher angehört werden
- Bei minderjährigen Auszubildenden: Zugang der Kündigung beim gesetzlichen Vertreter
Aufgrund des besonderen Charakters des Ausbildungsvertrags ist ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung nur anzunehmen, wenn alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt wurden und die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses nach Abwägung der Interessen beider Seiten nicht zumutbar erscheint. Hier muss zwischen den verschiedenen denkbaren Gründen unterschieden werden:
Schlechte Leistungen des/der Auszubildenden
Schlechte Arbeitsleistungen des Auszubildenden rechtfertigen eine außerordentliche Kündigung nur, wenn vorherige Erziehungsmaßnahmen des Ausbildungsbetriebs erfolglos geblieben sind. Der/die Auszubildenden muss vor der Kündigung mindestens abgemahnt worden und ihm/ihr mit Kündigung gedroht worden und trotzdem keine Verbesserung eingetreten sein. Je nach Schwere der Schlechtleistung ist von mindestens zwei vorhergehenden Abmahnungen auszugehen.
Zu den möglichen Schlechtleistungen des/der Auszubildenden gehören
- Schwänzen der Berufsschule
- Zuspätkommen im Betrieb
- Schlecht /nicht geführte schriftliche Ausbildungsnachweise
- Unentschuldigtes Fehlen im Betrieb
Kein Kündigungsgrund sind allerdings schlechte Noten in der Berufsschule oder eine nicht bestandene Zwischenprüfung, sofern der/die Auszubildende die Berufsschule regelmäßig besucht.
Andere Pflichtverletzungen des/der Auszubildenden
Neben der Arbeitsleistung ist der/die Auszubildende verpflichtet, dem Ausbildungsbetrieb gemäß § 241 Abs. 2 BGB gegenüber Rücksicht zu nehmen und dessen Interessen zu wahren. Hieraus resultiert die Möglichkeit des Ausbildungsbetriebs, bei Nichtbeachtung dieser Verpflichtung die außerordentliche Kündigung auszusprechen. Je nach Art und Schwere des Pflichtverstoßes kann in diesen Fällen sogar eine Abmahnung entbehrlich sein. In Betracht kommen beispielsweise
- Erwiesener Diebstahl des/der Auszubildenden im Ausbildungsbetrieb
- Tätlicher Angriff auf den Ausbilder
- Straftaten im privaten Bereich des/der Auszubildenden mit Auswirkung auf das Betriebsklima
Bei der Abwägung der gegenseitigen Interessen ist zu berücksichtigen, dass der Kündigungsgrund und das Interesse des Ausbildungsbetriebs, die Ausbildung vorzeitig zu beenden, umso schwerer wiegen muss, je weiter die Ausbildung fortgeschritten ist. Dies führt dazu, dass kurz vor Ende der Ausbildung die Kündigung nahezu ausgeschlossen ist.
Verfahren und Rechte nach Ausspruch der Kündigung
Der/die Auszubildende hat nach Ausspruch der außerordentlichen Kündigung verschiedene Rechte.
Zunächst ist das Ausbildungsverhältnis bis zum Zeitpunkt der Kündigung ordnungsgemäß abzuwickeln, das heißt, der/die Auszubildende hat Anspruch auf Zahlung der Ausbildungsvergütung bis zu diesem Zeitpunkt, auf Abgeltung nicht genommenen Urlaubs sowie auf Erteilung eines Zeugnisses.
Ebenfalls kann der/die Auszubildende von dem Ausbildungsbetrieb die Zahlung von Schadensersatz verlangen, § 23 BBiG. Auch der Ausbildungsbetrieb kann von dem Auszubildenden Schadensersatz verlangen. Voraussetzung für die Zahlung des Schadensersatzes ist jeweils, dass die andere Seite die Auflösung des Ausbildungsvertrags zu vertreten hat und dass der Anspruch innerhalb der Frist von drei Monaten nach Beendigung des Vertrags geltend gemacht wird.
Akzeptiert der/die Auszubildende die Kündigung, ist das Ausbildungsverhältnis beendet. Akzeptiert der/die Auszubildende die Kündigung jedoch nicht, besteht die Möglichkeit, zur Überprüfung der Kündigung die zuständige Schlichtungsstelle für das Ausbildungsverhältnis anzurufen. Die Beantragung der Schlichtung kann schriftlich oder mündlich bei dem Schlichtungsausschuss erfolgen, hierbei sollte die 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG eingehalten werden. Vor dem Schlichtungsausschuss wird eine Schlichtungsverhandlung durchgeführt, in der beide Seiten ihre Sicht der Angelegenheit schildern können. Der Ausschuss hat die Möglichkeit, die Kündigung zu bestätigen oder ihre Unwirksamkeit festzustellen. Kann der Ausschuss aufgrund der Verhandlung keine Mehrheitsentscheidung treffen, so erfolgt kein Schlichtungsausspruch. Gegen den Ausspruch des Schlichtungsausschusses kann sodann innerhalb einer Frist von zwei Wochen Klage bei dem zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden, § 111 ArbGG.
Für weitere Informationen und die Beratung in Ihrem Fall stehen wir gern zur Verfügung.