Nicht immer sind Äußerungen eines Arbeitnehmers aus Sicht des Arbeitgebers akzeptabel. Dem Arbeitgeber stehen dann verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Erstes Ziel des Arbeitgebers ist es, den Betriebsfrieden wiederherzustellen, was häufig bereits durch eine Abmahnung erreicht werden kann. Genügt dem Arbeitgeber dies nicht, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Arbeitsverhältnis auch außerordentlich und fristlos beendet werden kann:

Eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB ist möglich, wenn die Äußerung eine schwerwiegende Beleidigung durch den Arbeitnehmer darstellt und der Betriebsfrieden nicht nur vorübergehend gestört wurde.

Hier sind aber verschiedene Umstände zu berücksichtigen, so dass es sich immer um eine Abwägung im Einzelfall handelt. Berücksichtigung fanden beispielsweise der branchenübliche Umgangston, der Bildungsgrad, die Gesprächssituation und vorhergehende Reizung oder ob eine Äußerung eine schlecht formulierte Kritik darstellen sollte.

Ein Verschulden des Arbeitnehmers ist nicht zwingend vorauszusetzen, wenn die Störung des Betriebsfriedens bzw. des Vertrags so gravierend ist, dass ein Fortbestehen nicht zumutbar ist (BAG 21.01.1999, 2 AZR 665/98). Arbeitgeber können also auch kranken Arbeitnehmer, die für ihr Verhalten nicht verantwortlich sind, kündigen.

 

Beispiele:

Arbeitsgericht Hamburg, 12.05.2009, 21 Ca 490/08: „Klei mi ann Mors“: Kündigung nicht wirksam;

LAG Niedersachsen, 05.12.2013, 5 Sa 391/13: Frage an die Auszubildende, ob ihre Oberweite echt sei und anschließende Berührung: Kündigung wirksam;

LAG Schleswig-Holstein, 09.06.2011, 5 Sa 509/10: Unterstellung sexueller Kontakte der Vorgesetzten mit einem HIV-positiven Mann; Äußerung gegenüber Vorgesetzten nach Abmahnung „Besser eine Frau mit Charakter als drei Schlampen“: Kündigung wirksam;

LAG Schleswig-Holstein, 08.04.2010, 4 Sa 474/09: Beschimpfung einer dritten, in Geschäftsbeziehung mit dem Arbeitgeber stehenden Person als „Arschloch“: Kündigung unwirksam;

LAG Hamm, 10.10.2012, 3 Sa 644/12: Auszubildender bezeichnet Arbeitgeber bei facebook als „Menschenschinder und Ausbeuter“: außerordentliche Kündigung wirksam.

Arbeitsgericht Hagen, 16.05.2012, 3 Ca 2597/11: Bezeichnung des Vorgesetzten bei facebook u.a. als „kleiner scheisshaufen“, „faules schwein der noch nie gearbeitet hat in seinem scheissleben“, „drecksau“ und „doofmann“: außerordentliche Kündigung unwirksam, ordentliche Kündigung wirksam;

LAG Rheinland-Pfalz, 18.08.2011, 2 Sa 232/11: erstmalige Beleidigung des Vorgesetzten als „Wichser“ nach Streit und 18 Jahre dauerndes Arbeitsverhältnis: außerordentliche Kündigung unwirksam;

LAG Rheinland-Pfalz, 20.01.2011, 11 Sa 353/10: Äußerung gegenüber Vorgesetztem „Jawohl, mein Führer“: ordentliche Kündigung unwirksam; (dies gilt ebenfalls für die außerordentliche Kündigung; LAG Rheinland-Pfalz, 11 Sa 263/09)

LAG Rheinland-Pfalz, 04.05.2011, 8 Sa 361/10: Äußerung gegenüber Arbeitgeber „Sie haben hier nichts mehr zu sagen, Ihre Zeit ist abgelaufen“: ordentliche Kündigung wirksam;

LAG Hessen, 14.09.2010, 3 Sa 243/10: Äußerung gegenüber Arbeitgeber „Sie lügt wie gedruckt. Wie sie mit Menschen umgeht, da komme ich mir vor wie im Dritten Reich“: außerordentliche Kündigung wirksam;

Die Bespiele zeigen, dass dem Arbeitgeber häufig zugemutet wird, den Arbeitnehmer vor der außerordentliche Kündigung abzumahnen. Eine Abmahnung ist grundsätzlich nur dann nicht notwendig, wenn der Arbeitnehmer bereits wegen einer unangemessen Äußerung abgemahnt wurde oder wenn eine Abmahnung erkennbar keine Verhaltensänderung nach sich zöge. Bei erstmaligem Verstoß ist eine Abmahnung auch dann nicht notwendig, wenn der Verstoß des Arbeitnehmers so schwerwiegend ist, dass der Arbeitnehmer vorher erkennen konnte, dass der Arbeitgeber ihn nicht hinnehmen werde können.

Sofern Sie bei der Einschätzung, ob eine Kündigung bereits möglich ist, Unterstützung benötigen, stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Ähnliche Beiträge:

image_printBeitrag drucken