Marken müssen auch genutzt werden. Die Anmeldung von Marken ist rechtsmissbräuchlich, wenn dies nur geschieht, um mit ihnen Schadensersatz von anderen zu verlangen.
Diesen Fall erleben wir immer wieder: Ein Mandant wurde wegen einer angeblichen Markenverletzung abgemahnt. Im Laufe der Verhandlungen zeigt sich jedoch, dass die Marke des Gegners gar nicht verwendet wird – und zwar nicht nur in dem Moment, sondern generell nicht verwendet werden soll. Der Markeninhaber verlangt von dem Mandanten, dass er die Nutzung seines Zeichens einstellt, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt und Schadensersatz zahlt.
In vielen Fällen hat dies erhebliche finanzielle und wirtschaftliche Konsequenzen für den Mandanten: Zum einen verlangt der Gegner die Zahlung von Schadensersatz wegen der Nutzung der Marke. Zum anderen muss der Mandant im schlimmsten Fall alle Marketinginvestitionen neu tätigen, weil er das bislang verwendete Zeichen nicht mehr benutzen darf.
Vorsorge: Die eigene Marke durch eine Markenanmeldung schützen
Die Situation zeigt, wie wichtig es ist, sein Zeichen so früh wie möglich als Marke zu schützen. Denn es gilt das Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das bedeutet, derjenige, der sein Zeichen als Erster als Marke schützen lässt, hat gegenüber allen später folgenden Markenanmeldungen das bessere Recht.
Wenn jedoch die frühzeitig Markenanmeldung vergessen wurde, stellt sich die Frage, ob – und gegebenenfalls wie – man sich in dem oben geschilderten Fall wehren kann. Ein Ansatzpunkt kann darin liegen, dass der Abmahnende die von ihm angemeldete Marke überhaupt nicht verwendet und auch nicht verwenden will. In einem solchen Fall könnte eine bösgläubige Markenanmeldung vorliegen.
Die Kriterien für Bösgläubigkeit
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung „Fußball-WM 2006“ (BGH, GRUR 2006, 850) Folgendes festgehalten: Eine Markenanmeldung ist dann bösgläubig erfolgt, wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke – also als Herkunftshinweis – benutzen will, sondern andere ungerechtfertigt behindern will, indem er seine formale Rechtsstellung als Inhaber der Marke einsetzt. Für den Nachweis der Bösgläubigkeit müssen konkrete Merkmale vorliegen. Der BGH bejaht diese Kriterien, wenn der Markenanmelder „keinen ernsthaften Willen hat, die Marke im eigenen Geschäftsbetrieb oder für Dritte aufgrund eines bestehenden oder potentiellen Beratungskonzepts zu nutzen“ (BGH GRUR 2001, 242, 244 – Classe E).
Ein Beispiel für die Annahme von Bösgläubigkeit
Wann sind diese abstrakt dargestellten Kriterien erfüllt? Diese Frage können wir leider nicht pauschal beantworten. In jedem einzelnen Fall muss sorgfältig recherchiert und ausgearbeitet werden, aus welchen Umständen sich die Bösgläubigkeit ergeben kann. Einen Eindruck vermittelt die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. vom 13.02.2014 (Az.: 6 U 9/13). Dort führten die folgenden Umstände zur Annahme des Gerichts, dass die Anmeldung der Marke bösgläubig erfolgt war:
– Die Markenanmelderin (und ihre Schwestergesellschaften) hatte zwar viele Marken angemeldet, diese aber zu großen Teilen wieder fallen gelassen, indem sie die Anmeldegebühr nicht zahlte. Einige dieser Marken hat sie dann erneut angemeldet, ohne dass dies sinnvoll erklärt werden konnte.
– Die Markenanmelderin konnte kein stimmiges und seriöses Konzept vorlegen, aus dem sich die zukünftige Nutzung der Marke ergibt. Das von der Klägerin beschriebene Konzept, die Marken „im stillen Kämmerlein“ zu entwickeln, anzumelden und dann Unternehmen zum Kauf anzubieten, sah das Gericht nicht als nachhaltig wirtschaftlich sinnvoll an.
– Dass es sich hierbei nicht um ein wirtschaftlich tragendes Konzept handelt, ergibt sich auch daraus, dass innerhalb von mehr als zehn Jahren nur sechs Marken durch die Klägerin verkauft wurden. Dies reicht nicht aus, um ausreichend Einkünfte zu generieren.
– Es ist auch nicht das übliche Vorgehen von Marketingagenturen, angemeldete Marken verschiedenen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen zum Kauf anzubieten, ohne ein Marketingkonzept beizufügen.
– Ein weiteres Indiz für die Bösgläubigkeit der Markenanmeldung kann darin liegen, dass der Markenanmelder gegen verschiedene andere Unternehmen ebenfalls wegen angeblicher Markenrechtsverletzungen vorgegangen ist, und zwar erneut aus Marken, die der Markenanmelder nicht benutzt. Das Indiz erhärtet sich, wenn man nachweisen kann, dass diese anderen abgemahnten Unternehmen Lizenzzahlungen geleistet haben, damit die Ansprüche von der Klägerin fallen gelassen werden.
– Auch die immer wieder neue Gründung von Unternehmen, die die Marken verwerten sollen, stellt das Vorgehen der Markenanmelderin unter den Verdacht der Bösgläubigkeit. Dies gilt insbesondere, wenn die Unternehmen nur mit dem Mindeststammkapital bzw. der minimalen Haftungssumme gegründet werden.
Eine gute Vorbereitung ist entscheidend
Der Fall zeigt, wie umfangreich und gut vorbereitet der Vortrag zum Gericht sein muss, um dem Markenanmelder nachzuweisen, dass die Anmeldung seiner Marke bösgläubig erfolgte. Es ist eine sorgfältige Recherche nach Indizien erforderlich, die die Bösgläubigkeit nahelegen. Dabei kann es sich um die oben aufgeführten Punkte handeln, aber auch um eine ganze Reihe anderer. Bei der Recherche ist Ausdauer und Kreativität gefragt.
In Summe ist die Gesamtschau der Indizien entscheidend. Sie muss das Gericht davon überzeugen, dass der Markenanmelder nur deshalb gegen den Mandanten vorgeht, um von diesem Schadensersatzzahlungen zu erhalten oder Lizenzgebühren zu erpressen.
Fazit
Wer wegen einer Markenverletzung in Anspruch genommen wird und es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Abmahnende nur Druck erzeugen will, um Zahlungen zu erhalten, sollte seine Möglichkeiten genau prüfen. Er sollte Nachforschungen über den Abmahnenden und seine Vorgehensweise anstellen. Erhärtet sich dabei der Verdacht, dass der Abmahnende rechtlich nicht einwandfrei handelt, können die Ansprüche unter Umständen abgewehrt werden, indem man dem Gericht deutlich macht, dass der Abmahnende die Marke zum Rechtsmissbrauch angemeldet hat.
Lassen Sie Ihren Fall von einem Fachanwalt prüfen. Rechtsanwalt Dr. Heiner Heldt ist Fachanwalt im gewerblichen Rechtsschutz. Er berät Mandanten in Hamburg und Lüneburg im Markenrecht (Markenrecht Hamburg, Markenrecht Lüneburg).